Markt Schwaben – Mike Hannemann, 55, ist Sektionsleiter des Deutschen Erfinderverbandes für München und Oberbayern und Geschäftsführer einer Wassertechnik-Firma in Markt Schwaben, Kreis Ebersberg, mit der er seine Erfindungen vermarktet.
Sind Erfinder ein besonderer Menschenschlag?
Erfinder sind ehrlich, neugierig und schauen manchmal anders auf die Dinge. Erfinder haben in der Regel viel praktische Intelligenz und gesunden Menschenverstand.
Ist Erfinden also gar kein so kreativer Prozess, wie man vielleicht denkt?
Jeder kreative Prozess beginnt meist mit dem inneren Dialog ‚Das kann man doch besser machen!‘ Genial steht für das Einfache. Die genialsten Erfindungen sind Innovationen, die das Leben erleichtern – auf die man aber kommen muss: Kartoffelschäler, Locher, Tacker – oder der Bleistift. Wie schwierig wäre es ohne Bleistiftanspitzer?
Wie wurden Sie Erfinder?
Vor knapp 25 Jahren begann ich, mich mit dem Thema Heizungswasser zu beschäftigen. Damals war es normal, dass aus Heizungen beim Entlüften eine stinkende, braune Brühe kam. Fachleute sagten: ,Das muss so sein, sonst wäre es ja keine Heizung.‘ Das war mir zu flach und ich tauchte immer tiefer in das Thema Korrosions-Chemie ein. Zehn Jahre lang hat man mich zum Idioten erklärt. Meine hohe Schmerzgrenze und Neugier halfen mir dabei weiterzumachen. Heute vermarkte ich mit meinem Unternehmen erfolgreich das von mir entwickelte Heizungsschutz-Konzept an innovative Heizungsbauer.
Zur Idee braucht es also auch Durchhalte- vermögen?
Durchhaltevermögen als Erfolgsfaktor ist nicht erfinderspezifisch. Erfinder haben häufig eine besondere innere Überzeugung. Einige sind Querdenker und manchmal auch Querköpfe, die ihr Glück nicht davon abhängig machen, was andere davon halten. Manche Erfinder muss man hingegen ermutigen, mit ihren Ideen ans Licht zu gehen. Denn was nutzt die tollste Idee, wenn aus Angst, dass sie einer klauen könnte, die Welt nichts davon erfährt.
Angst vor Ideenklau?
Ja, Erfinder sind in ihrem Wesen meist bescheiden und zurückhaltend. Sie reagieren allergisch, wenn jemand sich einfach ihre Ideen zunutze macht. Dieser Trend ist leider ansteigend, mit der gesellschaftlich sinkenden Hemmschwelle vor dem Eigentum anderer Menschen.
Man sollte meinen, dass Patente davor schützen.
Ein Patent anzumelden, kann sehr teuer sein. Dennoch rennen viele Erfinder gleich zum Patentamt, obwohl sie noch keine Absatz- oder Verwertungsstrategie dafür haben. Oft kennen sie nicht mal den Markt, aber die Kosten laufen mit der Anmeldung. Durch die Anmeldung ist die Idee offengelegt. Das erhöht das Risiko, dass sie jemand klaut, der sich um die Rechte eines freien Erfinders nicht schert. Wer eine Erfindung anmelden möchte, sollte sich zuvor fragen, ob er sie gegebenenfalls auch vor Gericht verteidigen kann. Das ist nicht immer schön. Mancher ist durch seine Euphorie schon unter die Räder gekommen und hat Haus und Hof verloren.
Ist Erfinder ein Beruf?
Es wird zwischen Angestellten in Entwicklungsabteilungen von Unternehmen und freien Erfindern unterschieden. Erfinder, die von ihren Innovationen im Luxus leben können, gibt es nicht viele. Einige verkaufen ihre Idee und freuen sich, wenn nach Kosten was übrig bleibt und sie in der Werkstatt an der nächsten Idee tüfteln können. Andere vergeben Herstellungs- oder Stücklizenzen als Dividende oder zur Altersvorsorge.
Interview: Stefan Reich