SCOTT MORRISON

Kein Gefühl für die Krise

von Redaktion

Australiens Premier Scott Morrison ist Sohn eines Polizisten und studierter Wirtschaftsgeograf. Der 51-Jährige gehört der Liberal Party of Australia an und übernahm im August 2018 den Parteivorsitz und das Amt des Premierministers von Malcolm Turnbull. Turnbull stand innerparteilich unter Druck aus dem konservativen Flügel und trat letztlich zurück. Im Mai 2019 gewann Scott Morrison die Wahl erneut knapp. Die Regierung besteht aus einer rechtskonservativen Koalition mit der National Party of Australia.

Sein Krisenmanagement bei den anhaltenden Buschfeuern hat Morrison schwer in die Kritik gebracht. Vor Weihnachten flog er nach Hawaii in Urlaub („weil ich es meinen beiden Töchtern versprochen hatte“) und entschuldigte sich nur halbherzig dafür. In seiner Zweitresidenz, dem Kirribilli House in Sydney, empfing er an Neujahr die Cricket-Mannschaften Australiens und Neuseelands und sagte bei einem Gruppenfoto: „Die Buschfeuer-Krise spielt sich vor dem Hintergrund des Crickets ab.“ Schon im November hatte der Premierminister auf Twitter gepostet, „unsere Jungs“ würden „den Feuerwehrleuten und den betroffenen Gemeinden etwas geben, worüber sie jubeln können“.

Die Cricket-Stars zeigten beim Neujahrsempfang mehr Sinn für die Gefühle der Menschen. Australiens Kapitän Tim Payne bedankte sich im Namen des Teams „bei den mutigen Männern und Frauen, die diese Feuer im ganzen Land bekämpfen; sie sind die wahren Helden des australischen Sommers“.

Kritiker werfen Morrison vor, realitätsfremd zu sein und in Krisenzeiten nicht das Richtige tun. Den Menschen im südlichen New South Wales und in Victoria, die wegen der Buschfeuer am Strand von Mallacoota ausharrten, sagte Morrison, sie müssten Geduld haben. „Das ist eine Naturkatastrophe“, sagte er, und auf die reagiere man am besten „mit methodischen, gut koordinierten Maßnahmen“.

Die Quittung bekam Morrison bei einem Besuch im Katastrophenort Cobargo in New South Wales am Freitag. Bewohner beschimpften ihn als Idiot und Mistkerl und forderten ihn auf: „Verpiss dich!“

„Was immer auch unsere Prüfungen sind, welche Katastrophen uns auch befallen haben, wir sind nie in Panik ausgebrochen“, schrieb Morrison in seiner Neujahrsbotschaft, „und wir werden das im Angesicht der gegenwärtigen Feuerkrise jetzt auch nicht tun.“ Generationen von Australiern hätten auch Naturkatastrophen erlebt, Fluten, Feuer, globale Konflikte, Krankheiten und Dürren, und sie hätten wirtschaftliche Not gelitten wie keine der heutigen Generationen. SISSI STEIN-ABEL

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