„Kursschwäche hält nur für ein paar Wochen“

von Redaktion

INTERVIEW Deka-Chefvolkswirt: Privatanleger können Virus-Krise aussitzen – Erinnerung an Sars

Das Coronavirus bereitet auch an den Kapitalmärkten Sorge. Was genau befürchten die Börsianer?

Sie fürchten Konjunktureinbußen in noch nicht absehbarem Ausmaß. In China kommt durch die Maßnahmen gegen das Virus das öffentliche Leben und damit das Wirtschaftsleben in Teilen zum Erliegen. Und China ist neben den USA der größte Motor der Weltwirtschaft.

In Deutschland sah es gerade nach einer wirtschaftlichen Bodenbildung aus. Ist die durch die Virus-Krise wieder in Gefahr?

Das wird vom Ausmaß der Pandemie abhängen. Wir können momentan nur den Vergleich zum letzten großen Fall ziehen, nämlich die Krise infolge der Lungenkrankheit „Sars“ vor 17 Jahren. Damals hatten wir vier Wochen nach den ersten Berichten den Höhepunkt der Fallzahlen erreicht. In diesen vier Wochen hatte damals die Börse die größten Ängste in den Kursen abgebildet. Und so dürfte es auch diesmal sein.

Wie stark waren denn die Kurseinbrüche damals?

Gar nicht so stark, wie man annehmen könnte. Im Frühjahr hatten wir Rückgänge von gut zehn Prozent. Damals, 2003, war auch der dritte Irakkrieg, der die Börse deutlich stärker beherrschte. Insofern sind die Fälle nicht ganz vergleichbar. Was ich aber wie im Fall Sars annehme: Es dürfte eine vorübergehende Kursschwäche sein, die nicht mehr als ein paar Wochen anhält.

Also Entwarnung, was die Börse betrifft?

Wir können uns nur ein Szenario vorstellen, in dem die Prognose einer schnellen Überwindung des Kursrutsches nicht zutreffen würde: Wenn nämlich die Ausbreitungsgeschwindigkeit und Aggressivität der Krankheit wesentlich höher wären, als bisher zu erkennen ist. Und wenn Maßnahmen, wie wir sie jetzt in Asien erleben – also Reiseverbote und Zwangsurlaub –, auch in anderen Teilen der Welt vorgenommen werden müssten und das Wirtschaftsleben auch in Europa und Amerika zum Erliegen käme. Aber das ist derzeit Spekulation.

Was ist mit deutschen Firmen, die große Werke in China haben?

Die Beeinträchtigungen sind nach allen Erfahrungen, die wir mit Sars haben, eindeutig vorübergehender Natur. Nach vier Wochen sollten sich die Kurse sehr schnell wieder erholen. Das ist in solchen Fällen nicht anders als bei einer Produktionsunterbrechung infolge von Streiks. Immer vorausgesetzt natürlich, es bleibt bei den bisher bekannten Dimensionen.

Was soll ein Kleinanleger jetzt tun? Kann er von der Situation profitieren?

Hektisches Reagieren auf außergewöhnliche Entwicklungen ist für Kleinanleger nie ratsam. Der Verlauf solcher Ereignisse und die Reaktion der Börsen darauf ist viel zu kurzfristig und zu informationsintensiv, als dass ein Privatanleger da mithalten könnte. Die Märkte werden sich schon sehr bald neuen Themen zuwenden – schneller vermutlich, als Kleinanleger reagieren können.

Also in Ruhe aussitzen?

Genau. Die Aktienanlage ist eine langfristige Sache. Auf jahre- und jahrzehntelange Sicht spielen solche Ereignisse wie jetzt für den Erfolg einer Anlage keine Rolle.

Interview: Corinna Maier

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