5 FRAGEN AN
Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZDK), hat mit Kardinal Marx den synodalen Weg vorbereitet. Für ihn kam Marx’ Entscheidung wie aus heiterem Himmel.
Was sagen Sie zu dieser Nachricht?
Als er mich heute früh informiert hat, war ich schon erschrocken. Auch wenn ich seine Begründung mit höchstem Respekt verstehe. Er ist ja nicht nur Erzbischof des großen Bistums München und Freising, sondern gehört auch zum engsten Reformkreis der sechs Kardinäle um den Papst. Er hat da nach wie vor sehr große Aufgaben. Aber hier tritt jemand nicht wieder an, der den gesellschaftlichen Dialog der Kirche gewaltig vorangebracht hat. Der ganz klare ökumenische Zeichen gesetzt hat und beim synodalen Wegs wichtige Schritte zur Wiedergewinnung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche in Deutschland getan hat.
Sie klingen erschüttert.
Ja, das hat mich schon betroffen gemacht! Ich gebe zu, dass ich mit Reinhard Marx außerordentlich vertrauensvoll und gut zusammenarbeite.
Ist die Entscheidung Audruck einer Spaltung der Bischofskonferenz?
Ich muss sagen, dass die Bischofskonferenz unter seiner Leitung in einer Geschlossenheit aufgetreten ist, wie ich sie nicht kannte. Es ist eben nicht so, dass sich dort etwa gleichstarke Gruppen von Konservativen und Progressiven gegenüberstehen. Der synodale Weg ist von den Bischöfen einstimmig beschlossen worden. In der Synodalversammlung waren die wenigen, allerdings extrem kritischen Stimmen in der extremen Minderheit. Ich warne davor, diese Einzelstimmen so hoch zu bewerten, als gäbe es einen Grunddissens in der Bischofskonferenz. Das Gegenteil ist der Fall.
Was bedeutet Marx’ Entscheidung für die deutsche Kirche?
Das ist der Verlust einer sehr starken und deutlich wahrnehmbaren Stimme. Zumindest als Vorsitzender. Er wird uns nicht verloren gehen – das ist ganz wichtig! Als Vorsitzender hat er wichtiges geleistet für die Positionierung der Kirche in einer außerordentlich kritischen Periode.
Wie muss der Nachfolger sein?
Das ist zu früh, da zu spekulieren. Wir haben in Deutschland eine ganze Reihe von jüngeren Bischöfen, die den Ernst der Lage ungeschminkt wahrnehmen und wissen, dass es eine riesige Aufgabe ist, neues Vertrauen zu schaffen. Ich bin sicher, dass es solche Persönlichkeiten gibt.
Interview: Claudia Möllers