Eine Werkstatt voller Minihäuser

von Redaktion

Junger Schreiner fertigt in der Nähe von Fürstenfeldbruck Tiny Houses als Wohnalternative für Jung und Alt

Deisenhofen – Auf den ersten Blick wirkt Deisenhofen, ein 48-Seelen-Dorf im Landkreis Fürstenfeldbruck, friedlich. Plötzlich unterbrechen lautes Gehämmer und Sägekreischen das ländliche Idyll. Die Geräusche kommen aus der Schreinerei von Andreas Walch. Der 25-jährige Schreinermeister werkelt an einem Tiny House. Vor zwei Jahren hat er sich darauf spezialisiert.

Andreas Walch kniet vor einem hölzernen Block, der späteren Küchenzeile, und schraubt eine Arbeitsplatte darauf. Ein Kunde hat bei ihm das 24 Quadratmeter große Bauwerk mit Innenausstattung bestellt. „Die Größe ist wirklich außergewöhnlich“, sagt Walch. Normalerweise messen seine Häuser etwa 18 Quadratmeter. Er hat genaue Vorstellungen, wie alles einmal aussehen soll. Walch läuft den Raum ab, zeigt nach links: Hinter der Küchenzeile entsteht die Nasszelle. Obendrüber kommt der Schlafbereich. Vorne rechts Couch, Fernseher und Holzofen. Jetzt verlässt er den Rohbau, macht Platz für einen Mitarbeiter, der Steckdosen montieren soll.

In der 900 Quadratmeter großen Werkstatt arbeitet Walch mit seinen vier Angestellten in der Regel an zwei Gebäuden gleichzeitig. Das andere Haus ist leer – aber fertig. Viele Kunden möchten ihr künftiges Heim selbst einrichten. Die meisten verkauft Walch deshalb ohne Innenausstattung.

Vor sieben Jahren gründete Walch seine Schreinerei. „Anfangs hatte ich eine normale Möbelwerkstatt“, erinnert er sich zurück. Doch dann reiste er nach Amerika: Auf den Autobahnen von New York stachen dem Oberbayern Autos mit merkwürdigen Anhängern ins Auge. „Irgendwie war ich fasziniert.“ Walch recherchierte im Internet und besuchte noch vor dem Rückflug nach Deutschland einen Tiny-House-Park.

Zurück in Deisenhofen baute er kurzerhand selbst ein Minihaus nach: „Das war verkauft, bevor die Fenster drinnen saßen.“ Seit zwei Jahren produziert Walch nur noch Minihäuser. Die fertigen Gebäude reißen ihm die Kunden buchstäblich aus den Händen. „Wir kommen gar nicht so schnell hinterher, wie wir wachsen müssen.“

Prüfend tastet er die hölzerne Außenfassade ab. Selbst in einem Minihaus zu leben, kann sich Walch gut vorstellen. „Aber da müsste ich erst mal Zeit dazu haben, mir eins zu bauen“, sagt er und lacht. Sogar sein Musterhaus hat er bereits verkauft. Etwa 35 bis 38 Stück produziert Walch mit seinem Team pro Jahr. Für ein Minihaus ohne Einrichtung brauchen die Handwerker gut eine Woche. Aber der junge Schreinermeister ist optimistisch: „Das wollen wir weiter ausbauen.“ Pro Tag reisen zwei bis drei potenzielle Kunden an, um sich zu informieren.

Aber es sind nicht nur junge, umweltbewusste Menschen, die sich in Deisenhofen ein Tiny House bestellen. Im Gegenteil. 60 Prozent seiner Kunden seien Rentner, berichtet Walch. Menschen, die die Angst plagt, im Alter die Miete nicht mehr bezahlen zu können. Oder Gewerbetreibende und Waldkindergärten. Seine Häuser liefert Walch hauptsächlich nach Bayern und Baden-Württemberg. Auch die beiden aus der Werkstatt gehen ins Schwabenländle, nach Bad Urach. „Montag sollen sie rausgehen“, sagt Walch. Dann ist wieder Platz für zwei neue Tiny Houses. FRANZISKA KONRAD

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