Apolda/München – Bevor Friedrich Merz dran ist, gibt es erst mal Abendessen. Mike Mohring, der so gerade noch Chef der Thüringer CDU ist, hat eben gesprochen, gleich wird die Blaskapelle „Rosamunde“ anstimmen, aber jetzt hat der Moderator eine wichtige Nachricht: „Halten Sie die Wertmarken bereit. Es geht jeden Moment los.“ Die Leute sind auch schon ungeduldig. Allerdings aus einem anderen Grund.
So richtig los geht es dann erst, als Merz ans Mikro tritt. Kein Hungergefühl trübt mehr die Stimmung, die 1500 Leute sind satt und gespannt auf den Mann, der für den CDU-Vorsitz kandidiert. Merz tritt in der Festhalle der Vereinsbrauerei Apolda auf, im Weimarer Land. Die Tische sind voll, die Krüge auch – der Gast aber hat schon feurigere Reden gehalten.
Sicher, Merz keilt routiniert gegen die Linke, mit denen man „nichts am Hut“ habe („Die wollen eine andere Republik“). Er lässt es auch nicht an Deutlichkeit mangeln, als er sich von der AfD abgrenzt: „Die CDU wird ihr niemals die Hand reichen.“ Aber die ganze Rede klingt, als sei sie schon oft gehalten worden, weit weg von Apolda und der Vereinsbrauerei. Und das nicht nur, als er plötzlich auf China und sein Projekt Seidenstraße zu sprechen kommt und rhetorisch fragt: „China hat eine Europa-Strategie. Aber hat Europa auch eine China-Strategie?“ So mancher Thüringer kommt da sicher ins Grübeln. Als Merz sich schließlich Greta Thunberg vorknöpft und ihren Vorwurf, die Politiker hätten ihr die Jugend gestohlen, benutzt er wortgetreu die Formulierung wie auf dem Leipziger Parteitag im September. Dass nämlich die Generation Greta die beste Jugend habe, „die es je in diesem Teil der Welt gegeben hat“. Dennoch verabschieden ihn die Leute mit anerkennendem Kuhglockengeläut.
Sein CDU-Rivale hat sich an diesem Tag in Merz’ Revier gewagt, ins Sauerland. Armin Laschet ist in Lennestadt-Kirchveischede zu Gast, im Kreis Olpe, der, wie der NRW-Ministerpräsident schwärmt, „die drittstärkste Region“ im Lande sei. Da ist er wieder, der Schmeichler und Versöhner. Einer, der von seinem Vater erzählt, der den Krieg erlebt hat und heute 86 wird, und von seinem Sohn, der 30 ist und keine Erinnerung an die deutsche Teilung hat. Zum Thema Thüringen fällt Laschet ein, dass er mit Thomas Kemmerich, dem Kurzzeit-Ministerpräsidenten von der FDP, in Aachen zur Schule ging. Selbst ernste Dinge klingen bei ihm erst mal nett.
Seinen Machtanspruch formuliert er beinahe putzig: „Ich will einfach nur: es machen.“ Er kann aber auch anders. Vom Thema „75 Jahre Kriegsende“ ist Laschet ganz schnell bei der AfD: „Wir lassen unser Land nicht kaputtreden von diesen Typen.“ Lennestadt lernt einen Kandidaten mit vielen Facetten kennen. Landesvater, Staatsmann, Sohn. Und auch ein Mann fürs Grobe, wenigstens ein bisschen. MARC BEYER