Stockholm: Fast ein Drittel immun?

von Redaktion

Stockholm – In Schweden blieb seit Beginn der Coronakrise fast alles geöffnet – Geschäfte, Kindergärten, Bars, Fitnessstudios, sogar einige Kinos. Empfehlungen überwiegen Verbote.

Das Land verfolgt zwei Strategien. Zum einen soll eine Überlastung der Krankenversorgung vermieden werden, was bislang gut gelingt. Laut Gesundheitsamt sieht es so aus, als ob das Land bei der täglichen Zahl der Toten den Höhepunkt erreicht hat. „Schweden lag in den letzten Tagen bei 60 bis 70 neuen Todesfällen am Tag im ganzen Land. Die hohen Werte an einigen Tagen kommen durch Nachregistrierungen, die bis zu zwei Wochen umfassen können, zustande“, sagt Anders Tegnell, Staatsepidemiologe im Gesundheitsamt, der die Coronapolitik des gut zehn Millionen Einwohner zählenden Landes gestaltet.

Auf der anderen Seite will Schweden anscheinend so schnell wie möglich Herdenimmunität erreichen. Die beginnt laut Gesundheitsamt deutlicher zu greifen, wenn 60 Prozent der Bevölkerung das Virus irgendwann in sich hatte – und dadurch immun geworden ist. Dann kann sich das Virus nicht mehr so schnell hin zu Risikogruppen ausbreiten. Eine neue Studie weist erstmals darauf hin, dass rund ein Drittel aller Stockholmer, das sind 600 000 Menschen, sich schon bis 1. Mai mit dem Coronavirus angesteckt hat. Auch eine zweite Studie der Uni Stockholm kommt zum Ergebnis, dass 30 Prozent aller Stockholmer bald immun sind.

In Frankreich, wo eine Verbots- und Isolierungsstrategie gilt, werden bis 11. Mai voraussichtlich nur sechs Prozent des Volkes immun sein. Dies ergab eine französische Studie vom renommierten Institut Pasteur. Auch WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte: „Vorläufige Daten deuten darauf hin, dass nur ein kleiner Teil der Weltbevölkerung infiziert wurde, nicht mehr als zwei bis drei Prozent.“

Den schwedischen Ansteckungsschutzexperten Johan Giesecke überraschen die niedrigen weltweiten Immunitätswerte nicht. „Die meisten Länder bis auf Schweden haben ja totale Lockdowns gehabt. Da gab es nicht die gleiche Virusausbreitung wie in Schweden“, sagte er. A. ANWAR

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