Rom – Italien will 150 000 Bürger testen, um die tatsächliche Verbreitung des Coronavirus festzustellen. Rund 230 000 Italiener haben sich bisher angesteckt, rund 33 000 Menschen sollen an den Folgen gestorben sein. Das sind die offiziellen Zahlen. Nun haben die Regierung und die Statistikbehörde Istat eine umfassende Antikörper-Studie gestartet, um die tatsächlichen Zahlen zu ermitteln.
Seit Montag ruft das italienische Rote Kreuz Bürger im ganzen Land an, um sie zu befragen und zu einem Antikörpertest zu bewegen. Die These dahinter ist, dass viele von der eigenen Infektion gar nichts mitbekommen haben. Ziel der Studie ist es, das Ausmaß der sogenannten asymptomatischen Infektionen zu erkennen.
Das Istat hat 150 000 Testpersonen nach Kriterien wie Geschlecht, Alter, Beruf und Wohnort ausgesucht. Italien hat 60 Millionen Einwohner, jeder 400. soll also teilnehmen. Die Ergebnisse sollen Licht in die Dunkelziffer bringen und zudem zeigen, wie sich das Virus innerhalb verschiedener Alters- oder Berufsgruppen ausgebreitet hat. Die Daten wären hilfreich mit Blick auf eine zweite Infektionswelle, die von vielen Experten wegen der Lockerungen erwartet wird. Auch wären Vergleiche mit Studien aus anderen Ländern möglich. Spanien kündigte im April eine Antikörperstudie mit 90 000 Testpersonen an. In Deutschland will das Robert-Koch-Institut ab September 30 000 Menschen auf Sars-CoV-2 testen.
Das Ergebnis der italienischen Studie soll in einigen Wochen vorliegen. 7000 Rotkreuz-Helfer sind im Einsatz. Die Teilnahme ist freiwillig und anonym. Mit Werbespots in Fernsehen und Radio wird für die Studie geworben. „Wie können wir die Epidemie besser bekämpfen?“, heißt es in einem TV-Spot. „Indem wir sie besser kennenlernen“, lautet die Antwort.
Die Testpersonen aus mehr als 2000 Gemeinden sollen eine Blutprobe abgeben. Getestet werden sollen 30 000 Einwohner der Lombardei, der am stärksten betroffenen Region in Italien. Es folgen das Veneto mit 13 000 Testpersonen, die Emilia-Romagna mit 12 000. Kampanien, Latium und Sizilien sollen jeweils 11 000 Menschen stellen. Fällt der Antikörper-Test positiv aus, kommt die Person in Quarantäne, bis ein Nasen- oder Rachenabstrich Aufschluss gibt, ob die Infektion noch aktuell ist, also Ansteckungsgefahr besteht.
Die Statistikbehörde Istat hat zudem 3000 Italiener zur Veränderung ihrer Gewohnheiten befragt. Demnach waschen sich die Italiener derzeit im Schnitt zwölf Mal am Tag die Hände. Neun von zehn gaben an, auf der Straße Mundschutz zu tragen. jmm