Berlin – „Wir müssen weiterhin achtsam sein“, mahnte Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), gestern in Berlin. Das gelte noch für Monate. Das Virus sei noch im Land. „Wenn wir ihm die Chance geben, sich auszubreiten, nimmt es sich diese Chance.“ Das sehe man an den derzeitigen Ausbruchsgeschehen in der Fleischindustrie und auch bei Glaubensgemeinschaften. Wieler fordert anhaltendes solidarisches Verhalten durch Einhalten von Mindestabständen, Hygieneregeln und durch Maskentragen. „Ich denke nicht, dass die Lockerungen völlig folgenlos bleiben werden.“ Ob eine zweite Welle verhindert werde, „das liegt echt in unserer Hand“.
Nachdem in den vergangenen Wochen im Mittel 350 neue Fälle pro Tag ans RKI gemeldet wurden, stiegen diese Zahlen durch die starken lokalen Ausbrüche wieder. Laut Lagebericht vom Montag kamen knapp 540 Infektionen neu hinzu, am Dienstag meldete das RKI 503 Neuinfektionen.
Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, die über die Dynamik Auskunft gibt, habe lange Zeit stabil unter 1 gelegen, seit 21. Juni liege sie jedoch zwischen 2 und 3, sagte Wieler. Das bedeutet, dass ein Infizierter im Schnitt zwei bis drei Menschen ansteckt. Am Dienstag lag der R-Wert bei 2,76. Die höchsten Zahlen an Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner wurden in den vergangenen sieben Tagen aus Berlin (13,9), Nordrhein-Westfalen (11,0) und Bremen (8,9) gemeldet. Bayern (1,9) liegt im Mittelfeld. dpa