Frankfurt – Rettung durch den Staat oder harte Sanierung in einer Insolvenz – vor dieser Entscheidung stehen die Aktionäre der Corona-geplagten Lufthansa. Am heutigen Donnerstag, 12 Uhr, stimmen sie auf einer außerordentlichen Hauptversammlung darüber ab, ob dem Bund im Zuge der angepeilten Rettung ein Anteilspaket von 20 Prozent und weitere Bezugsrechte zugestanden werden.
Alle Blicke richten sich dabei auf den Selfmade-Milliardär Heinz Hermann Thiele, 79, der als größter Aktionär mit einem Anteil von 15,5 Prozent den Staatseinstieg allein verhindern könnte (siehe Porträt rechts). Grund ist die geringe Beteiligung von weniger als 38 Prozent der Stimmrechte an der Versammlung, die Thiele eine Sperrminorität verschafft.
Gestern Abend aber sorgte der 79-Jährige für Aufatmen. Er werde dem Rettungspaket für die angeschlagene Airline zustimmen, sagte er der FAZ, in der er bereits mit einem Interview die ganze Aufregung ausgelöst hatte. Der erfolgreiche Unternehmensführer hatte den geplanten starken Staatseinfluss ebenso kritisiert wie die seiner Meinung nach kaum zu erfüllenden Bedingungen für einen Wiederausstieg. Seine Entscheidung hatte Thiele auch nach einem Gespräch mit den Bundesministern Scholz und Altmaier am Montag offen gelassen. Nun stimme er gegen die Insolvenz. „Es liegt im Interesse aller Lufthansa-Mitarbeiter, dass das Management zügige Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die nötige Restrukturierung führen kann.“
Mit rund 300 Millionen Euro ist die Aktienbeteiligung eigentlich der kleinste Part des 9 Milliarden Euro schweren Rettungspakets, aber für die Alt-Aktionäre der einzige Hebel. Schließlich würden ihre Anteile durch die neuen Aktien für den Bund verwässert. Sie sollen auch noch zum Vorzugspreis von 2,56 Euro ausgegeben werden, rund ein Viertel des aktuellen Börsenkurses. Ohne die Beteiligung wäre aber auch das gesamte Rettungspaket samt stiller Einlage und KfW-Kredit gestorben.
Fondsgesellschaften wie DWS und Union Investment wollen daher für die Kapitalmaßnahme stimmen, denn im Fall einer Pleite droht der Totalverlust. Die Deka-Nachhaltigkeitsexpertin Vanessa Golz erklärt: „Uns Aktionären bleibt nichts anderes übrig, als der Kapitalerhöhung für den Einstieg des Staates zähneknirschend zuzustimmen. Ansonsten wäre der Kranich kein Vogel mehr.“
Obwohl Thieles Kritik am Staatseinstieg tagelang im Raum stand, erwarteten die Anleger offenbar schon im Vorfeld, dass die Rettung gelingt. Der Kurs der Lufthansa-Aktie, der in der Corona-Krise seit Mitte Februar zeitweise um mehr als die Hälfte auf nur noch gut sieben Euro abgestürzt war, pendelte zuletzt zwischen neun und zehn Euro. Damit war der vor wenigen Tagen in den MDax abgestiegene Konzern an der Börse gerade noch um die 4,5 Milliarden Euro wert – weniger als die Hälfte des geplanten Hilfspakets und weniger als das, was der Staat an Eigenkapital und Krediten zuschießen will. dpa