München/London – Das kommt in den besten Familien vor, sogar in königlichen: Manchmal reicht ein falsches Wort, um das Verhältnis von Geschwistern für immer zu zerstören. So – glaubt man dem am Dienstag erscheinenden Buch „Finding Freedom“ – soll es bei den britischen Prinzen William und Harry gewesen sein: „Denke nicht, dass du dich beeilen musst. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst, um dieses Mädchen kennenzulernen“, soll Prinz William zu seinem kleinen Bruder gesagt haben, als er gemerkt hat, dass es mit Harry und Meghan ernster werden könnte.
Der Anfang vom Ende der Geschwisterliebe? Als „snobistisch“ habe Harry das Wort „Mädchen“ empfunden, schreiben die royalen Beobachter Omid Scobie, der als Königshauskorrespondent der US-Zeitschrift „Harper’s Bazaar“ arbeitet, und Adelsexpertin Carolyn Duran.
Das „Mädchen“ war aufgetaucht wie aus dem Nichts: Meghan Markle. Und sie war so vieles, was ein „Plötzlich Prinzessin“-Prototyp in den Augen mancher so gar nicht sein sollte: älter als Harry, geschieden, bürgerlich, und noch dazu Schauspielerin mit afroamerikanischen Wurzeln. So bot sie genug Angriffsfläche für die Ressentiments eingefleischter Royalisten – und auch innerhalb der royalen Familie. Dort sei man, jenseits von William, ebenfalls besorgt gewesen, welches Tempo die beiden bei ihrer Lovestory hinlegten.
Denn anders als vom Bruder geraten, nahm Harry sich eher wenig Zeit bei dem „Mädchen“. Nach dem Kennenlernen (Juli 2016) folgten ziemlich schnell: Verlobung (November 2017), Hochzeit (Mai 2018), erstes Baby (Mai 2019). Und schon ziemlich bald die Erkenntnis, dass das mit Harry und Meghan und dem Prinzessin spielen nicht so ganz funktionierte: „Ich habe mein ganzes Leben für diese Familie aufgegeben. Ich war bereit, alles zu tun, was nötig ist. Und nun stehen wir hier. Es ist sehr traurig“, wird die 39-Jährige von den Autoren zitiert.
Immer wieder stoßen die beiden an Grenzen, auf Kritik, hämische Berichterstattung. Harry und Meghan fühlen sich ungerecht behandelt, mehr noch: als unschuldige Opfer vieler Intrigen. Seitens des Hofes, seitens der Familie, seitens der Medien. Gerade gegenüber William und Kate hätten sie sich, so zeigen die Berichte der „Insider“, immer zurückgesetzt gefühlt. Die Folgen: Wut, Verbitterung und der Wunsch nach einem neuen Leben. Gefühle, die Anfang des Jahres im „Megxit“ gipfelten: Die beiden gaben ihre royalen Pflichten auf und verließen Großbritannien.
Harry und Meghan bestreiten jegliche Mitarbeit an dem Enthüllungsbuch – glauben wollen ihnen das weder Kritiker noch Königshaus-Experten. Zu viele Details, zu viel Intimes. Informationen, die nur aus innersten Zirkeln, wenn nicht gar nur von Harry und Meghan selbst stammen müssen. Vor allem, da kaum eine Quelle beim Namen genannt wird. Stattdessen werden „Insider“, „Freunde“ und „Palastangestellte“ zitiert.
Die Geschichte wiederholt sich: Auch Harrys Mutter Diana hatte stets eine Zusammenarbeit mit Biograf Andrew Morton bestritten, als der damals mit „Diana: Ihre wahre Geschichte“ die britische Monarchie mit pikanten Details – wie der Öffentlichmachung der Affäre zwischen Charles und Camilla – in den Grundfesten erschütterte. Erst nach Dianas Tod 1997 gab Morton bekannt, dass sie selber die Hauptquelle für seine Biografie gewesen war. Dass sie ihm auf Tonbändern jedes Detail selbst verraten und auch das Manuskript eigenhändig redigiert hatte.
Prinz William hat angeblich auch zu „Finding Freedom“ seine ganz eigene Meinung. Ein weiterer „Insider“ soll dem Magazin „US Weekly“ gegenüber geäußert haben: „William glaubt, dass das Buch ihre berechnende Art zeigt, die Erzählung zu kontrollieren. Sie haben ihre Kontakte in der Unterhaltungsbranche genutzt, um in einem guten Licht dazustehen.“
Laut der Buch-Autoren Omid Scobie und Carolyn Duran soll aber nicht Meghan, sondern Harry die treibende Kraft hinter dem Ausstieg aus der „Firma“, wie das Königshaus genannt wird, gewesen sein: „Im Grunde wollte Harry aussteigen“, sagt eine „Quelle“. „Tief im Inneren kämpfte er immer mit dieser Welt“, heißt es in der Passage weiter. Meghan habe ihm nur geholfen, seine Wünsche zu erkennen und umzusetzen.
Für die meisten Briten jedoch bleibt Meghan die Böse. Den Ausstieg und die Brüskierung der Queen haben ihr viele nicht verziehen. Als das Königshaus ihr vergangene Woche via Instagram und Twitter zum 39. Geburtstag gratulierte, hagelte es gehässige Kommentare: „Man sollte ihr den Titel wegnehmen“ war noch einer der netteren.