Neue Regeln für Hund und Herrchen

von Redaktion

VON OSKAR PAUL

München – Fritz liebt das Wasser, egal ob der Gardasee in Italien oder der Entenvolierbach im Englischen Garten. Er sitzt dann im Wasser und wartet. Wartet, bis endlich sein heiß geliebter Wurfball durch die Luft saust und ins Wasser platscht. Dann schnappt sich Fritz den Ball und schwimmt zurück ans Ufer. Zu Andi Montag, seinem Herrchen. Mit einem Freund pflegt der 37-Jährige den Fritz. Denn der kleine Hund ist auf der Straße in Slowenien groß geworden.

Fritz ist einer von über neun Millionen Hunden in Deutschland. In fast jedem fünften Haushalt lebt ein Hund. Und geht es nach Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), gelten bald neue Regeln für Hund und Herrchen. Die Ministerin will die Tierschutz-Verordnung ändern, unter anderem sollen Anforderungen an die Hundehaltung klarer geregelt werden. Bislang gilt: Hunde sollen „ausreichend“ ausgeführt werden. Nun konkretisiert das Ministerium die Vorschriften: Hunde sollen zukünftig mindestens zweimal täglich für insgesamt eine Stunde raus ins Freie. Ob Gassigehen oder Garten, Hauptsache der Hund kommt raus.

Ministerin Julia Klöckner erklärt: „Haustiere sind keine Kuscheltiere – ihre Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden. Es gilt, eine artgerechte Haltung von Hunden sicherzustellen. Etwa, dass sie genug Bewegung bekommen und nicht zu lange allein gelassen werden.“ Das sorgt für Diskussionen, auch bei Münchner Hundehaltern. Kommt bald die allgemeine Gassi-Pflicht?

Das Gassigehen ist bei Familie Sklebitz und den beiden Hündinnen Betty und Shiva klar geregelt: Morgens führt der Mann die Damen aus, mittags die Tochter, nach Feierabend Ulrike Sklebitz selbst. Heute hat die 55-Jährige früher Schluss gemacht und genießt die Mittagssonne im Englischen Garten. Abends geht’s für Betty und Shiva dann noch mal um den Block, kurz die Beine vertreten. Für Sklebitz ist das „eine Selbstverständlichkeit.“ Die Verordnung findet sie den falschen Ansatz. „Hunde sind richtig anstrengend und man braucht ganz viel Zeit“, erklärt sie. Nicht jeder Hundehalter könne das leisten. Deshalb plädiert sie für einen Hundeführerschein.

Auch Andi Montag fordert den Führerschein für Vierbeiner. „Man sollte kontrollieren, wer einen Hund bekommt.“ Die Regelung zum Gassigehen findet er „lächerlich“. Dreimal am Tag geht der 37-Jährige mit Fritz raus. Stundenlang sind sie dann unterwegs. Er meint: „Wir haben andere Tierhaltungsprobleme, zum Beispiel die Schweinezucht oder die Milchproduktion.“

Wird jetzt bald jeder Hundehalter kontrolliert? Das ist laut Entwurf Ländersache. Eine Sprecherin des Ministeriums erklärt zur Zielrichtung der Novelle: „Der Auslauf (…) ist an Alter, Rasse und Gesundheitszustand des Hundes anzupassen. Eine Pflicht zum Ausführen des Hundes wird dadurch nicht geregelt.“ Vielmehr ginge es dem Ministerium darum, Hundehaltungen in den Blick zu nehmen, bei der die Tiere häufig nicht ausgeführt werden. Zum Beispiel die Zwingerhaltung. „Das tut den Tieren natürlich nicht gut.“ Für den normalen Hundehalter wird sich also wohl wenig ändern.

Anders sieht es für Hundezüchter aus. Denn Regeln und Anforderungen der Hundezucht sollen verschärft werden. Klöckner will das Ausstellen von Hunden mit erblich bedingten Qualzuchtmerkmalen verbieten. Ein Qualzuchtmerkmal ist beispielsweise die extreme Kurzköpfigkeit. Die kommt bei vielen Hunderassen vor: etwa beim Boxer, Chihuahua oder Mops. Auch Haarlosigkeit und Hüftgelenksfehlbildungen sind Merkmale.

Nicht alle Tiere einer Rasse gelten laut Ministerium automatisch als Qualzucht. Sie könne zudem bei allen Rassen vorkommen. „Das Ausstellungsverbot bezieht sich auf das individuelle Tier und gilt dann, wenn bei dem Hund erblich bedingt Schmerzen, Leiden oder Schäden vorliegen.“ Ein generelles Mopsverbot auf Hundeausstellungen soll es also nicht geben.

Sarah Marie Sulenski, 18, macht mit ihrem Zwergspitz Merlin Urlaub in München, ihr Vater ist auch dabei. Sie kommen aus Nordrhein-Westfalen und sind häufig im Freistaat – heute besichtigen sie den Englischen Garten. Sarah Sulenski findet: „Es ist schrecklich, wenn Hunde leiden müssen, nur um ein Schönheitsideal zu erfüllen.“ Hunde seien umso schöner, „wenn sie so gelassen werden, wie sie sind.“ Strengere Vorgaben für die Hundezüchter findet sie deshalb gut. Und Ulrike Sklebitz sagt: „Ich finde die Züchterei sowieso übertrieben. Es gibt genügend Hunde, die einen Besitzer suchen.“ Die Novelle der Verordnung sieht auch vor, die Anforderungen für die Hundezucht zu verschärfen. Zukünftig darf sich eine Betreuungsperson maximal um drei Würfe gleichzeitig kümmern. Zusätzlich müssen sich Züchter den Welpen mindestens vier Stunden am Tag widmen.

Max Zitzmann gönnt sich bei dem Wetter ein Eis. Die Waffel bekommt Evi, eine Almhündin, die gerne in die Berge fährt. Der 61-Jährige fragt sich, wie die neuen Regelungen kontrolliert werden sollen. Viele Regeln und Gesetze seien in der Vergangenheit umgangen worden, sagt er. „Das wird auch hier so passieren“, ist sich Zitzmann sicher. Ob und wie Kontrollen stattfinden sollen, ist bisher völlig unklar. Verordnung hin oder her – für Max Zitzmann ist klar: „Hunde müssen artgerecht gehalten werden.“

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