Milliardenkredit aus dem Kreml

von Redaktion

Wladimir Putin stützt den angeschlagenen Machthaber Lukaschenko – und spricht sich für Neuwahlen in Belarus aus

Sotschi – Bei seiner Ankunft in Sotschi gibt sich der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko im kurzärmeligen Hemd betont leger. Wenig später sitzt er angespannt im Anzug in der Schwarzmeer-Residenz von Kremlchef Wladimir Putin. Die Massenproteste gegen „Europas letzten Diktator“, wie er genannt wird, gehen in die sechste Woche. Der Druck auf den 66-Jährigen ist nach 26 Jahren an der Macht groß. Vor allem wirtschaftliche Probleme setzen Lukaschenko zu. Sogar Staatsbetriebe sind zeitweise von wütenden Arbeitern bestreikt worden, die sich um ihre Stimme bei der Präsidentenwahl betrogen sehen. Viele halten die 38-jährige Swetlana Tichanowskaja für die wahre Siegerin.

Doch Putin fängt Lukaschenko vorerst auf und sagt einen Kredit von 1,5 Milliarden US-Dollar zu. Putin lobt zudem, dass Lukaschenko als Ausweg aus der Krise in Belarus die Verfassung reformieren wolle – und spricht sich für Neuwahlen aus. „Ich denke, das ist logisch, zeitgemäß und angemessen“, sagt der Kremlchef nach dem Treffen.

Die beiden sind ähnlich lange an der Macht, kennen sich gut. Doch diesmal ist die Lage ernst wie nie. „Schon aus reinem Selbstschutz hilft Putin Lukaschenko, an der Macht zu bleiben. Mit Geld und notfalls auch mit Truppen, um die Proteste zu unterdrücken“, sagt der Politologe Waleri Karbelewitsch. „Putin hasst Revolutionen, wie wir sie in Belarus haben – und unternimmt alles, damit der Aufstand gegen das System erstens keinen Erfolg hat und zweitens nicht abfärben kann auf Russland.“ Schließlich habe Putin selbst gerade erst bei seiner eigenen umstrittenen Verfassungsänderung vorgemacht, wie sich ein „Dauerherrscher“ an der Macht halte, sagt Karbelewitsch. „Lukaschenko kennt auch Putin so genau, dass er weiß, welche Knöpfe er drücken muss bei ihm. Er sagt ihm einfach: Wenn ich falle, bist du der Nächste.“

Für Putin, da sind sich Experten in Moskau und Minsk einig, läuft alles glatt, weil sich Lukaschenko nun selbst zurück in die Arme des slawischen Bruders getrieben habe. Aus Sicht des Kremls ist Lukaschenko ein Puffer gegen ein weiteres Vordringen der Nato. „Lukaschenko ist geschwächt. Putin wäre dumm, da jetzt Öl ins Feuer zu gießen“, sagt Karbelewitsch. Allerdings ist das Verhältnis der beiden angespannt. Denn Lukaschenko verspricht gerne, um seine Haut zu retten. „Aber wenn er erst wieder fest im Sattel sitzt, wird er sich wie immer an kein Versprechen mehr erinnern.“  dpa

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