„Leider gibt es so manchen Un-Kollegen“

von Redaktion

4 FRAGEN AN

Gregor Lemke betreibt den Augustiner Klosterwirt an der Frauenkirche. Er ist außerdem Vorsitzender des Vereins der „Innenstadtwirte in München“.

Wie viele Reservierungen für die nächsten Wochen wurden schon abgesagt, nachdem OB Reiter bekannt gegeben hat, dass sich nur noch fünf Menschen treffen dürfen?

Wir haben viele Gästegruppen, die gerade fragen, ob sie überhaupt noch kommen können. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, ganz vielleicht fällt der Inzidenzwert bis Mittwoch wieder unter 50, dann werden die Anordnungen obsolet. Trotzdem hat gerade aufgrund der angekündigten Verordnungen eine Veranstaltung für morgen mit 50 Personen abgesagt.

Am Wochenende haben die Münchner die Wirtshaus-Wiesn gefeiert. Viele in Dirndl und Lederhosen. Aber an manchen Orten auch eng an eng. Haben Sie Angst, dass den Wirten jetzt die strengen Regeln in die Schuhe geschoben werden?

Die Wirtshaus-Wiesn, das muss man wissen, ist keine Veranstaltung. Sondern es ist eine Würdigung der Zeit des Oktoberfests. Wir beim Klosterwirt und viele meiner Kollegen haben außerdem einen Verhaltenskodex für die Gäste aufgestellt: nicht tanzen, nicht stehen, nicht singen. Aber wir müssen aufpassen, dass wir den Menschen die letzten drei Meter ihrer Lebensqualität nicht auch noch nehmen. Denn dann könnte ich mir vorstellen, dass da mehr Leute krank werden könnten als von anderen Dingen.

Es gibt Gefährlicheres als einen Wirtshaus-Besuch?

Ja. Wenn man sich das Infektionsgeschehen anschaut, dann sieht man, dass gerade mal circa 0,5 Prozent aller Ansteckungen in einem Wirtshaus stattfinden. Im Umkehrschluss finden 99,5 Prozent in Altenheimen, im privaten Umfeld oder wo auch immer statt.

Trotzdem haben die Bilder vom Wochenende viele verschreckt.

Die Wirtshaus-Wiesn im Wirtshaus zu feiern, ist gesundheitsfördernder als an der Isar zu feiern, am Viktualienmarkt an einem Stand oder am Gärtnerplatz. Was wir machen, ist ein kontrolliertes Miteinander. Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass es so manche Un-Kollegen gibt, die meinen, sie müssen auf unsere Aktion draufspringen. So entstehen solche Bilder wie auf dem Viktualienmarkt. Es tut mir leid, dass wir jetzt in eine Ecke gestellt werden, in die wir nicht gehören. Ich wünsche mir, dass die Menschen auch in den nächsten Wochen friedlich miteinander feiern können – und auf die Hygiene-Schutzmaßnahmen achten.

Interview: Stefan Sessler

Artikel 2 von 3