Garching – Der Astronom Reinhard Genzel und sein Team am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik nehmen die Milchstraße und das Schwarze Loch immer wieder genau unter die Lupe. Dabei sind ihnen auf dem Campus im Norden von Garching Glanzleistungen der Beobachtungskunst gelungen. Das Forschungszentrum hat sich zu einer Stadt der Wissenschaft entwickelt, in der Astronomie und Astrophysik eine bedeutende Rolle spielen. 17 000 Studierende und etwa 5000 bis 6000 Wissenschaftler lernen, lehren und forschen hier. Und der Studien- und Wissenschaftsort wächst und wächst.
„Wir sind stolz auf den zweiten Nobelpreis, der nach Garching kommt und unsere junge Universitätsstadt in den Fokus der Weltöffentlichkeit rückt“, sagt Bürgermeister Dietmar Gruchmann. 2005 knallten die Sektkorken, als der Physiker für Quantenoptik Theodor Hänsch mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Jetzt ist es Genzel, der gestern Morgen von der freudigen Nachricht aus Stockholm überrascht wurde.
Seit 2008 ist Andreas Battenberg als Sprecher der TU München auf dem Campus in Garching tätig. „Seither habe ich keinen Moment Stillstand erlebt. Permanent wird neu gebaut.“ Gerade wird das neue Max-Planck-Institut für Physik errichtet. Die TU baut ihre Physik-Fakultät aus, und auch die Elektrotechnik wird nach Garching verlagert und zieht in drei Gebäude, von denen das erste im Rohbau steht. Auf einer weiteren Baustelle wächst das Zentrum für Quanten Engineering (QE) in die Höhe. Weltfirmen wie SAP und Siemens wollen mit neuen Standorten raus auf den Forschungscampus und mit Wissenschaftlern kooperieren. Von den 42 000 Studierenden der TU sind allein 17 000 an Fakultäten eingeschrieben, die in Garching ansässig sind.
Reinhard Genzel ist Direktor des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik. Sein Instrument, das Very Large Telescope, mit dem er das Herz der Milchstraße seit mehr als 20 Jahren mustert, steht jedoch in Chile in der Atacama-Wüste, wo auf der Hochebene die Luftfeuchtigkeit gering ist und das Fehlen jeglicher Lichtverschmutzung optimale Beobachtungsbedingungen ermöglicht.
Hier arbeitet Genzel mit Astronomen und Astrophysikern aus aller Welt. Und einige wiederum sind wie er mit ihren Instituten auf dem Garchinger Campus vertreten. Das Max-Planck-Institut für Astrophysik und die Europäische Südsternwarte zum Beispiel. „Diese Institute sind bei unseren Tagen der offenen Tür immer besonders umlagert“, erzählt TU-Sprecher Battenberg.
Wie bedeutend und beeindruckend die Grundlagenforschung aus dem Universum ist, können auch Laien nachvollziehen. Im Erlebniszentrum „Supernova“, das im April 2018 auf dem Campus eröffnet wurde, kommt aktuelle Forschung quasi ins Klassenzimmer. Was die Besucher im Planetarium zu sehen bekommen, ist grandios. Wie in einem Raumschiff gleitet der Betrachter durch ein 360-Grad-Bild ins All. Fünf Projektoren werfen das Bild auf eine Halbkugel, die die Leinwand darstellt. Das Planetarium in Garching ist mit seinen 109 Sitzen das größte in Deutschland. Hier werden Shows auf Deutsch und Englisch gezeigt, das Kindergartenkind und der Abiturient gehören zur Zielgruppe.
„Ich bin insgesamt einfach stolz auf unseren Campus“, sagt Bürgermeister Gruchmann. Aber die Stadt habe, etwa mit dem Bau der U-Bahn und ihrer Bauleitplanung, auch etwas dafür getan, betont er: „Wir haben eine sehr gute Infrastruktur geschaffen.“ Der Garchinger Stadtrat wird sich sicher bald etwas einfallen lassen, wie er Reinhard Genzel gebührend würdigt. Theodor Hänsch ist ja schon Ehrenbürger. CHARLOTTE BORST/JULIAN LIMMER