Ein Winter ohne Deutsche?

von Redaktion

Der österreichische Tourismus gerät unter Druck – In den Skigebieten reagiert man auf jüngste Verstöße

München – Die Bilder haben in den Sozialen Medien Entsetzen ausgelöst: dicht gedrängte Warteschlangen, die sich in Busse und Gondeln drücken – ohne Abstand, ohne Kontrolle. An den vergangenen beiden Wochenenden wurden in österreichischen Gletscherskigebieten reihenweise Vorsichtsmaßnahmen missachtet. Vor allem die Seilbahnen des Stubaier und Hintertuxer Gletschers waren mit dem Ansturm der Gäste überfordert. Ausgerechnet solche Szenen sollten durch funktionierende Hygiene-Konzepte verhindert werden.

Die Sorge in den Skigebieten wächst auch aus anderem Grund immer weiter: Für fast ganz Österreich gilt jetzt eine Reisewarnung. Nachdem Wien, Tirol und Vorarlberg schon seit Wochen auf der Liste des Robert-Koch-Instituts stehen, sind seit heute auch Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, das Burgenland und die Steiermark Risikogebiete. Deutsche, die sich dort länger als 48 Stunden aufgehalten haben, müssen in Quarantäne – sofern sie keinen negativen Corona-Test vorweisen können.

„Für den Tourismus ist das eine Katastrophe“, sagt Franz Hörl, Obmann des Fachverbands der Seilbahnen. Noch schlimmer werde die Situation, sobald die neue Quarantäne-Regel in Deutschland gilt. Demnach müssen Rückkehrer aus Risikogebieten ab dem 8. November für zehn Tage in Quarantäne – frühestens am fünften Tag soll man die Isolation durch einen negativen Test beenden dürfen. „Das kommt einer Grenzschließung nahe“, sagt er. „Ich finde, man sollte stark hinterfragen, was in Europa passiert: Jeder warnt vor dem Nachbarland, eine gemeinsame europäische Lösung ist überhaupt nicht in Sicht.“ Die österreichische Tourismusbranche versucht mit allen Mitteln, die Infektionszahlen zu senken, um die Saison zu retten. „Wir haben die Probleme unterschätzt“, räumt Hörl ein. Man habe auf Abstandsmarkierungen und Durchsagen geachtet, die Kontrollen hätten jedoch gefehlt. „Man muss aber auch bedenken: Wir sind keine Exekutivorgane, sondern Tourismusdienstleister.“ Grundsätzlich sei der hohe Inzidenzwert von 154,4 (Stand Freitag) nicht auf die Branche zurückzuführen – „trotzdem muss der Tourismus darunter leiden“, schimpft Hörl.

Ausgerechnet Ischgl, im März Corona-Hotspot, kündigt nun an, eines der sichersten Ziele im Alpenraum werden zu wollen. „Die Erfahrungen des vergangenen Winters bestimmen unser Handeln für die Zukunft“, heißt es von den Tourismus- und Seilbahn-Verantwortlichen. Kameras sollen sofort über Gruppen-Bildungen beim Anstehen aufklären. Zudem sollen Wartezeiten vorhergesagt und Kabinen desinfiziert werden.

Unterdessen wird das Corona-Testprogramm der Regierung für den Tourismus ausgeweitet. Skilehrer, Bergführer und Reisebegleiter etwa können sich einmal pro Woche testen lassen.

Österreich hatte am Freitag den dritten Tag in Folge einen Rekord an Neuinfektionen: binnen 24 Stunden 2571 Fälle. Einen Lockdown hält man in der Regierung dennoch für unwahrscheinlich: Verschärfte Regeln würden ausreichen, um das Geschehen in den Griff zu bekommen, sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Ab Sonntag gelten unter anderem strikte Grenzen für Feiern und Events. Solange Österreich Risikogebiet ist, werden deutsche Winterurlauber aber wohl ausbleiben.

KATHRIN BRAUN, mit DPA

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