Washington – Der Schlussspurt des US-Wahlkampfs wird von einem steilen Anstieg der Corona-Fälle begleitet. Mit fast 89 000 Neuinfektionen an einem Tag wurde am Samstag ein Rekord aufgestellt. Mehr als 900 Amerikaner starben, die Gesamtzahl der Todesopfer überschritt die Marke von 224 000. Trump spielte die Pandemie auch im Angesicht der schlechten Zahlen konsequent herunter.
„Ich hatte es, hier bin ich“, verkündete Trump in Anspielung auf seine Covid-19-Erkrankung bei einem der Wahlkampfauftritte. „Und jetzt sagen sie, dass ich immun bin.“ Trump war unter anderem mit einem noch experimentellen Antikörper-Medikament behandelt worden, das er als „Heilmittel“ bezeichnete. Bei jedem der letzten Auftritte erzählte er zudem, dass sein 14-jähriger Sohn Barron schon kurz nach dem positiven Test von den Ärzten wieder für gesund erklärt worden sei. Trump gab bei den drei Reden drei Varianten zum Besten, wie schnell das ging: Nach 15 Sekunden, nach 15 Minuten und am nächsten Tag.
Den Anstieg der Corona-Infektionen im Land führte Trump darauf zurück, dass mehr als früher getestet werde. Überhaupt werde in den Medien ständig über das Virus geredet. „Macht man den Fernseher an: „Covid, Covid, Covid, Covid, Covid““, beschwerte sich der Präsident. „Ein Flugzeug stürzt ab, 500 Leute sind tot, sie reden nicht darüber. Covid, Covid, Covid, Covid.“ Nach der Wahl am 3. November werde man davon nichts mehr hören, weil die Medien den Leuten nur jetzt Angst machen wollten, behauptete Trump. Bei seinen Auftritten standen dicht gedrängt tausende Anhänger, viele ohne Masken.
Am Samstag machte Trump von der Möglichkeit Gebrauch, schon frühzeitig seine Stimme abzugeben. Trump suchte dafür ein Wahllokal in einer Bibliothek in West Palm Beach im Bundesstaat Florida auf. „Ich habe für einen Typen namens Trump gestimmt“, sagte er danach in die Fernsehkameras. Dabei betonte er erneut, dass eine persönliche Stimmabgabe sicherer sei als Briefwahl. Florida, wo Trump seit gut einem Jahr seinen offiziellen Wohnsitz hat, gehört zu den Bundesstaaten, die ihre Einwohner bereits vor dem offiziellen Wahltermin abstimmen lassen.
Bisher gaben mehr als 50 Millionen Menschen ihre Stimme in Wahllokalen oder per Brief ab. Bei der Präsidentenwahl 2016 hatten insgesamt knapp 139 Millionen Amerikaner abgestimmt. Angesichts der Corona-Krise nutzen mehr Menschen als sonst die Möglichkeit zur frühen Stimmabgabe. Nachdem es zuletzt die Sorge gab, dass per Brief abgeschickte Stimmzettel nicht rechtzeitig ankommen könnten, nehmen viele Menschen stundenlange Wartezeiten in Kauf, um persönlich abzustimmen – etwa in New York, wo am Samstag Wahllokale für frühe Abstimmungen öffneten.
Bei der Präsidentenwahl vor vier Jahren hatten gut 47 Millionen US-Bürger die Möglichkeit zur frühen Stimmabgabe genutzt. Diesmal waren es bis Sonntag nach Daten des „U.S. Elections Project“ des Politikwissenschaftlers Michael McDonald von der Universität Florida bereits knapp 57,5 Millionen. Von ihnen hätten fast 18 Millionen persönlich abgestimmt und rund 39,5 Millionen per Brief. dpa/sts