München – Carolin Reiber steht stets für den perfekten Auftritt. Erst als Münchner Faschingsprinzessin, dann als Ansagerin im Bayerischen Fernsehen, schließlich als Moderatorin und Gastgeberin großer Unterhaltungsshows mit zweistelligem Millionenpublikum. Ihr Gefühl für Stil hat sie sich bis heute bewahrt. Ministerpräsident Markus Söder würdigte sie erst vor zwei Wochen bei der Verleihung des Ehrenpreises des Bayerischen Fernsehpreises, sie sei „der Inbegriff sympathischer Fernsehunterhaltung und eine ideale Repräsentantin bayerischer Lebensart“.
Als eine Botschafterin Bayerns ehrte BR-Intendant Ulrich Wilhelm die charmante und kluge Moderatorin, die allein 24 Jahre auf Bayerntour unterwegs war, 125 Folgen der Volkstümlichen Hitparade moderierte, das Wunschkonzert und den Grand Prix der Volksmusik, aber auch Weihnachtssendungen und viele, viele andere TV-Sendungen.
Carolin Reiber ist eine Ikone des Fernsehens, aber auch in vielerlei anderer Hinsicht, wie ein Blick auf Illustrierten-Titel ihrer beispiellosen Karriere verrät: Sie war Model für Versandhauskataloge wie Quelle oder Otto, auch für Burda-Moden; sie wurde ausgezeichnet als bestgekleidete und bestfrisierte Frau der Nation; als Superfrau der Volksmusik und als erotischster TV-Star – noch vor Joan Collins („Denver Clan“), wie die Neue Revue per elektronischer Messung von Zuschauerreaktionen dereinst herausfand.
Zudem ist Carolin Reiber seit 1959 Ehrenbürgerin von Texas. Damals war die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin (Englisch und Spanisch) in den US-Bundesstaat eingeladen worden, um Deutschland bei einem mehrtägigen Staatsakt zu repräsentieren – und hielt dabei so rührende Reden, dass ihr die Ehrenbürgerschaft angetragen wurde. Seither darf sie dort gratis die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen.
Aber auch das sind längst nicht alle Seiten der Frau für alle Fälle, die Mutter zweier erfolgreicher Söhne und vierfache Oma ist. Carolin Reiber ist Botschafterin des World Wide Fund for Nature (WWF) und von Misereor, was bedeutet: Sie hat die Weltstätten der Armut alle gesehen und, ja, auch gerochen. Ohne Scheu geht sie auf Tuchfühlung mit den Ärmsten und behält in jeder Situation ihr charmantes Lächeln.
Haltung und Disziplin in jeder Lebenslage – das strahlt Carolin Reiber mit jeder Faser aus. Als ihr geliebter Mann Dr. Luitpold Maier am Sonntag, 26. Januar 2014, nach 55 gemeinsamen Jahren daheim in ihren Armen starb, behielt es die Familie zunächst für sich, denn am Montag musste Carolin Reiber die Bayerntour moderieren. Das BR-Team holte sie frühmorgens ab und Carolin Reiber leitete professionell wie immer durch die Sendung, ohne, dass irgendjemand etwas gemerkt hätte, wie es in ihrem Herzen aussah. Niemals hätte sie den Sender, ihr Team noch ihr Publikum im Stich gelassen, auch an dem bittersten ihrer Tage nicht.
Erst nach der Beisetzung auf dem Waldfriedhof machte sie den Tod des Unternehmensberaters und Deutschen Meisters im Fünfkampf öffentlich. Carolin sagt gern: „Meine Freude teile ich gern, nicht aber den Kummer.“ Und schon gar keine Tränen.
Seit über 60 Jahren steht die Tochter des Szenenbildners Ludwig Reiber und der Geschäftsfrau Lya Reiber in der Öffentlichkeit. Ja sogar noch länger: Denn als Zehnjährige spielte sie eine kleine Nebenrolle in „Das doppelte Lottchen“. Acht Jahre später wurde sie mit ihrem ersten Zeitschriftentitel geehrt – als jüngste Münchner Faschingsprinzessin. Dass noch hunderte Titel folgen würden, diese märchenhafte Karriere konnte sie damals nicht absehen. Bis zu 60 Millionen Fernsehzuschauer an einem einzigen Abend hatte sie als Show-Gastgeberin in Eurovisionssendungen zu unterhalten – mit Charme und ihrem typischen rollenden „R“.
Die schönsten Illustrierten-Titel hat ihr Mann Luitpold rahmen lassen – 180 an der Zahl, die ein eigenes Zimmer im Haus auf dem Land hatten. Heute hängen die gerahmten Titel bei Carolin Reiber in der Garage in München und dokumentieren 56 Jahre Fernsehgeschichte. So lange arbeitete sie für den Bayerischen Rundfunk, auch jahrzehntelang fürs ZDF.
Viele Preise wurden ihr verliehen: die Goldene Kamera, zwei Bambis, die Krone der Volksmusik, aber auch der Bayerische Verdienstorden. Und es wurden in den Publikumszeitschriften die herrlichsten Geschichten für die Millionen Fans konstruiert: Was Carolin im Frühling träumt, warum Männer sie so lieben, was alles gut wird, wenn Carolin im blauen Kleid kommt. Und als Marilyn Monroe zierte sie die Titelseite der tz.
Die 56 Jahre Fernsehgeschichte waren auch 56 Jahre Lampenfieber. Die Stunde vor dem Auftritt war für Carolin Reiber stets eine fürchterliche Anspannung. Auch die Frage nach der Quote einer Sendung war oft eine Belastung. Dabei sah jeder Auftritt immer so federleicht aus. Die Leichtigkeit hat Carolin Reiber im wahren Leben. Hinter den Kulissen ist sie ein Mensch, mit dem man Pferde stehlen kann. Immer für einen Spaß zu haben, nie abgehoben. Mit ihr kann man selbst in einer Boazn ein Bierchen trinken, sie lässt es sich dann im Weinglas servieren – ein bisserl Stil und Haltung müssen schon sein, egal wo. Und wer mit ihr einmal auf Tour war, weiß: Das Erste, was gesucht werden muss, ist ein Briefkasten. Familie, Freunde, Fans – eine Postkarte, ein handgeschriebener Brief, ein Foto mit einem Danke – Carolin Reiber ist ihren Mitmenschen gegenüber immer aufmerksam. Ob Carolin Reiber auch irgendeinen Fehler hat? Man kann es sich einfach nicht vorstellen.