5 FRAGEN AN
München erstickt an vielen Tagen im Verkehr. Verspricht eine City-Maut Linderung? Wir fragen Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) – die selbst jeden Tag aus dem Landkreis in die Stadt pendelt. Sie äußert sich skeptisch.
Eine City-Maut für München: Ist das für Sie Hoffnung oder Humbug?
Man muss das sehr differenziert sehen. Ich verstehe die Menschen in der Stadt sehr gut, die unter ewig viel Verkehr leiden und das lösen wollen. Trotzdem müssen wir auch in der Innenstadt Transporte ermöglichen. Wir wollen, dass die Geschäfte angeliefert werden können, wir versuchen gerade in der Pandemie, die Innenstädte am Leben zu erhalten. Ich fürchte, es ist jetzt der falsche Zeitpunkt für Modelle, die Handel, Handwerk und Transport die Arbeit erschweren. Es gibt auch bisher keine Gesetzesgrundlage dafür. Und: Eine City-Maut wird uns nicht dabei helfen, die S-Bahn auszubauen.
Teilen Sie das Leitziel, Autos sollten aus der Innenstadt raus?
Ich teile das Leitziel: Leben und leben lassen.
Konkret für München: Wollen Sie eine autofreie Altstadt oder nicht?
Wir sollten da realistisch bleiben. Wir werden die Menschen nur dann überzeugen, das Auto stehen zu lassen und auf Busse und Bahnen umzusteigen, wenn der ÖPNV attraktiv ist. Die S-Bahn in München ist für 250 000 Passagiere ausgelegt, 840 000 fahren damit momentan. Daraus folgt: Wenn wir mehr Umsteiger wollen, sollten wir nicht das Auto verteufeln, sondern den ÖPNV ausbauen.
Wenn München ernst über eine Maut diskutiert – hätten Sie Verständnis für Gemeinden zum Beispiel am Tegernsee, die eine Maut für Münchner Ausflügler wollen?
Verständnis habe ich grundsätzlich für jeden, ich bin ja Sozialpädagogin. In diesem Fall habe ich sogar großes Verständnis für die Gemeinden, die immensen Ausflugsverkehr erleben. Sie wollen Tourismus, aber nicht in der Dimension wie in diesen Corona-Zeiten. Trotzdem wäre es klug, die Emotionen nicht weiter zu befeuern. Stadt und Umland sollten stärker miteinander reden, statt gegeneinander Lösungen zu suchen.
Nochmal zu München: Wären viel höhere Parkgebühren vertretbar?
Ich glaube, es ist der falsche Weg, Autonutzer zu bestrafen. Wir müssen Anreize für den ÖPNV setzen, aber dürfen nicht vergessen: Ältere, Behinderte, Familien mit kleinen Kindern, Handwerker sind eben oft auf ein Auto angewiesen.
Interview: Chr. Deutschländer