Die Wintersportbranche rebelliert

von Redaktion

„Das hält auf Dauer keiner durch“: Verbände und Betriebe attackieren die deutsche Corona-Politik

München – Es ist eine Mischung aus Zorn und Verzweiflung, die Matthias Stauch ins Gesicht geschrieben steht. „Ich bin zum Pessimisten geworden“, sagt der Chef des Verbands Deutscher Seilbahnen bei einer Veranstaltung, die man als gemeinsamen Hilferuf der heimischen Wintersportbranche verstehen darf. Stauch ist gleichzeitig Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn.

Seit Mitte November, sagt er, sei er bereit, mit der Zugspitzbahn den Betrieb zu starten. Aber anders als in der Schweiz dürfen Seilbahnen hierzulande wegen der Pandemie nicht anlaufen und es gibt anders als in Österreich, wo es am 24. Dezember losgeht, auch bislang keine Perspektive dafür. „Mit viel Glück sind wir nach den Weihnachtsferien im Geschäft“, sagt Stauch. Bislang ist der Teil-Lockdown in Deutschland nur bis 10. Januar verlängert. „Das hält auf die Dauer keiner durch“, sagt Stauch.

Er steht nicht allein. Vor allem in den deutschen Wintersportorten droht neben den auch andernorts getroffenen Hotels und Gasthäusern auch Sportfachhändlern, Skiverleihen und -schulen ein harter Corona-Winter. „Momentan ist kein Skikurs möglich“, betont der Chef des deutschen Skilehrerverbands, Wolfgang Pohl. „Wir machen uns große Sorge um den Wintersport und fühlen uns von der Politik nicht verstanden“, ergänzt Amtskollege Franz Steinle vom Deutschen Skiverband. Monatelang habe man an Corona-Konzepten gefeilt, die Ansteckungsrisiken in Gondeln minimieren und Apres-Ski-Veranstaltungen ausschließen, erzählen die Branchenvertreter. „Aber die Politik differenziert nicht und wirft alles in einen Topf“, kritisiert Steinle, was er ein Totalverbot für organisierten Wintersport nennt. Auch bei den Staatshilfen würden viele Bergbahnbetreiber durchs Raster fallen, kritisiert Stauch. Für große Bahnen sei der Förderrahmen ohnehin zu klein. „Man behandelt uns wie das fünfte Rad am Wagen“, sagt der Bergbahnchef.

„Der Wintersport in all seinen Facetten ist ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor für den gesamten Tourismus im Alpenraum“, werben die Verbandschefs in einem offenen Brief an die Politik. Bei elf Millionen Schneesportlern deutschlandweit gehe es auch nicht um eine kleine Randgruppe, sondern gut 13 Prozent der Bevölkerung, ergänzt Pohl vom Skilehrerverband. Zudem sei der Sport selbst kein Infektionstreiber, sondern nur eine Begleit- erscheinung, die man aber auszuschalten verspricht.

Kollege Steinle hofft auf ein Einsehen und dass nach österreichischem Vorbild vor Saisonende wenigstens noch heimischer Wintersport ohne Auslandstouristen möglich gemacht wird. Bergbahnbetreiber sagen zu, Gondeln maximal halb zu füllen und für Durchlüftung zu sorgen, wobei dick vermummte Skifahrer ohnehin besser vor einer Ansteckung geschützt seien als normale Maskenträger im Alltag. T. MAGENHEIM-HÖRMANN

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