5 FRAGEN AN
Was müssen Staat, Schulen und Lehrer in der Pandemie leisten? Max Deisenhofer 33, Schulpolitiker der Landtags-Grünen, ist selbst gelernter Lehrer (Englisch, Geschichte, Sozialkunde). Als Studienrat unterrichtete er bis zur Wahl 2018 an einer Berufsschule in Günzburg.
Sind Sie heilfroh, nicht mehr Lehrer zu sein?
Ich war wahnsinnig gern Lehrer und vermisse meinen alten Beruf. Aber ich höre oft von meinen früheren Kolleginnen und Kollegen, welche neuen Schwierigkeiten in der Pandemie auf sie zugekommen sind.
Was muss ein Lehrer in der Pandemie leisten können?
Er muss noch mehr unter einen Hut bringen. Das beginnt bei Gesundheitsschutz für die Klassen und für sich selbst – wo der Staat gerade mal 300 000 FFP2-Masken für 120 000 Lehrkräfte verspricht. Auch der Wechsel- und Distanzunterricht ist eine Herausforderung: Dafür wurde keine Lehrkraft im Referendariat und Studium geschult. Im Frühjahr war das für viele neu, inzwischen haben alle dazugelernt. Das Problem ist, dass die technischen Voraussetzungen oft fehlen. Und auch im Studium muss Digitalisierung eine größere Rolle spielen.
Kann ich vom 64-jährigen Deutschlehrer noch verlangen, dass er live seinen Unterricht streamt?
Ja, aber das ist keine Frage des Alters. Es gibt stark und weniger digitalaffine Lehrerinnen und Lehrer, aber im Dezember 2020 sollte jetzt jeder eine Online-Videokonferenz hinbekommen. Das ersetzt keinen Präsenz-Unterricht voll, aber ist deutlich besser, als nur Arbeitsblätter rumzuschicken.
Wo konkret hakt es bei der Ausrüstung?
Ich erinnere mich gut an den Schul-Digitalisierungs-Gipfel vom Juli. Herr Söder hat da ganz viel angekündigt. Dienstlaptops für Lehrkräfte: Es ist kein einziges Gerät beschafft, es gibt noch nicht mal eine Förderrichtlinie. Das gleiche gilt für professionelle IT-Betreuung an Schulen. Dann das Dauerthema Lernplattform: Viele in der Schulfamilie finden Mebis nicht nutzerfreundlich. Es ist im Frühjahr mehrfach ausgefallen, zum Start des Wechselunterrichts schon wieder. Wie soll so vor Ort dann ordentlich gearbeitet werden?
Wie viele Klassenzimmer sind online-tauglich?
Zwei Drittel aller Schulen hat kein Breitband mit über 50 MBit/Sekunde, also keinen Anschluss, der Streaming für mehrere Klassen ermöglicht. Es haben auch nur ein Drittel flächendeckend WLan. Vor Corona hat die Regierung das Thema verschlafen, und auch im Sommer ist leider viel zu wenig passiert. Das muss sich jetzt schnellstens ändern! cd