Schnell und unbürokratisch wollte die Politik den Gastronomen helfen. Doch die warten wie Hans Jörg Bachmeier noch auf die Auszahlung der Novemberhilfen. Auch der Münchner Kochstar bangt um seine Existenz.
Was werfen Sie den Politikern vor?
Das Vertrauen in die Politik ist aufgebraucht. Mit der vorherrschenden Salamitaktik kommen wir nicht weiter. Wir brauchen einen Plan und eine klare Perspektive. Von uns Gastronomen erwartet man Professionalität und Transparenz, was die Politik aber vermissen lässt. Hinhaltetaktik und Entschuldigungen scheinen mir im Moment das Konzept. Mit ,Gemeinsam schaffen wir das‘, wird es nicht gehen. Da gehört schon viel mehr dazu.
Wo gibt es aus Ihrer Sicht Nachbesserungsbedarf?
Wir brauchen eine klare Aussage, wann und dass die Hilfen fließen, und nicht vage Zeitfenster. Wir Gastronomen haben seit zwei Monaten kein Einkommen, die Kosten laufen jedoch weiter. Zahlungen müssen auch im Lockdown und bei Kurzarbeit getätigt werden, doch womit? Wir haben erst im Oktober das Lokal „Genussfreuden“ eröffnet und haben noch kein finanzielles Polster, Banken stellen sich quer. Dass nur teilweise Abschlagszahlungen geflossen sind, wird mit einer fehlerhaften Software begründet. Das kann es doch in einem Land wie Deutschland nicht ernsthaft sein!
Welche Perspektive hat die Gastronomie?
Ich sehe im Moment, obwohl ich kein Pessimist bin, keine rosigen Zeiten vor uns. Da bin ich eher Realist. Im Moment kämpft unsere Branche ums Überleben.
Die Zahlungen lassen auf sich warten, das Finanzamt jedoch besteht auf pünktliche Zahlungen? Ist dies bei Ihnen auch der Fall?
Davon sind ja nicht nur wir betroffen, sondern alle. Ich bin allen Partnern, Lieferanten und Handwerkern dankbar, die mit uns diese schweren Zeiten durchstehen.
Für die Gastronomie gilt ein generelles Verbot, mit der Ausnahme, Speisen auszuliefern oder zum Mitnehmen zu verkaufen. Rentiert sich das?
Wir versuchen einfach für unsere Kunden da zu sein. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag. Vor allem seit dem harten Lockdown ist kaum mehr Bewegung in der Stadt. Wir leben im Moment von privaten Abholern und Büros, die kein Homeoffice oder nur teilweise haben. Wenn man zurzeit durch die Stadt geht, sieht man nur geschlossene Wirtshäuser und Restaurants. Da geht gerade Münchner Wirtshaus-Kultur verloren.
Ist der harte Lockdown aus Ihrer Sicht nachvollziehbar?
Die Gastronomie hat ein Konzept. Die Kontakte sind nachvollziehbar und verfolgbar. Die Abstände und Hygienevorschriften wurden eingehalten. Das finde ich immer noch besser als Privatfeiern zu Hause auf engstem Raum. Die Gesellschaft ist in der Zwischenzeit wie ein Dampfkessel. Sie braucht ein Ventil, sonst explodiert der Kessel irgendwann. Lieber kontrolliert und mit Vernunft Luft ablassen, als alles einzusperren. Diese Lösung kann die Gastronomie bieten. Genauso wie der kleine Einzelhandel ums Eck, der ebenfalls ums Überleben kämpft.
Sie haben erst nach dem ersten Lockdown Ihr Lokal „Bachmeier Genussfreuden“ eröffnet. Im Nach- hinein ein Fehler?
Pech… Wir hatten nicht damit gerechnet, dass der zweite Lockdown so heftig wird. Vor allem nach der Aussage der Politik im Frühsommer, dass der Einzelhandel und die Gastronomie sicher nicht mehr schließen werden.
Wie kann die Zukunft aussehen?
Den Kopf nicht in den Sand stecken, nicht jammern und weitermachen. Irgendwie geht’s schon weiter. Interview: Stephanie Ebner