von Redaktion

Berlin – Viele Menschen sind sich unsicher, ob sie sich gegen Covid-19 impfen lassen wollen. Die größte Krux sind wohl Falschbehauptungen, die sich rasend schnell verbreiten. Die beliebtesten Behauptungen im Faktencheck.

Corona-Impfstoffe können bei Frauen zu Unfruchtbarkeit führen

Bewertung: Das ist falsch. Fakten: Die Behauptung bezieht sich in der Regel auf die vermeintliche Ähnlichkeit zwischen dem Spike-Protein des Coronavirus, mit dem der Erreger an menschliche Zellen andockt, und dem körpereigenen Protein Syncytin-1.

Bei gebärfähigen Frauen ist Syncytin-1 etwa für die Bildung der Plazenta verantwortlich, über die der Nachwuchs mit Nährstoffen versorgt wird. Die These ist nun: Wenn der Körper nach einer Impfung eine Immunabwehr gegen das Corona-Spike-Protein bildet, weite sich diese Reaktion auch auf Syncytin-1 aus und verhindere die Bildung der Plazenta.

Es gebe jedoch keine große Ähnlichkeit zwischen den beiden Proteinen, so „dass eine Kreuzreaktion des Impfstoffs im Grunde unmöglich ist“, sagte Annette Beck-Sickinger, Leiterin der Forschungsgruppe Biochemie und Bioorganische Chemie der Uni Leipzig, gegenüber Medien. Lars Dölken, Professor für Virologie und Immunbiologie der Uni Würzburg, sagt: Selbst wenn beide Proteine Ähnlichkeiten aufwiesen, könne man nicht schlussfolgern, dass die körpereigenen Abwehrkräfte gegen das Coronavirus auch das Protein Syncytin-1 angriffen.

Zudem: Käme es tatsächlich zu einer solchen Reaktion, hätte sich dies bereits bei schwangeren Covid-Erkrankten zeigen müssen. Denn der Körper bildet bei einer Infektion dieselben Abwehrmechanismen wie nach einer Impfung. In Studien wurde allerdings keine erhöhte Zahl an Fehlgeburten oder Komplikationen festgestellt.

Eine mRNA-Impfung verändert die Gene

Bewertung: Das ist falsch.

Fakten: Bisherige Impfstoffe, etwa gegen Grippe, beinhalten meist abgetötete oder geschwächte Viren oder Teile davon. Die Corona-Mittel von Biontech und Moderna funktionieren anders, nämlich erstmals über die sogenannte mRNA („m“ steht für „messenger“, „RNA“ für „Ribonukleinsäure“). Dabei werden keine abgetöteten Erreger injiziert, sondern nur die Bauanleitung für einen Bestandteil des Virus – das Botenmolekül mRNA. Auf dieser Grundlage stellen die Körperzellen Teile des Viren-Hüllproteins (Spike-Protein) selbst her. Gegen dieses entwickelt das Immunsystem nun bestimmte Faktoren, sodass es bei einem späteren Kontakt mit dem Coronavirus die Struktur des Proteins wiedererkennen und den Erreger gezielt abwehren kann.

Die Informationen der RNA können dabei nicht in die menschliche DNA eingebaut werden. Das verhindert schon die unterschiedliche chemische Struktur. Zudem erreicht die mRNA gar nicht die Zellkerne, in denen das Erbgut in Form von DNA lagert. Die Botenmoleküle wandern nur ins Zellplasma, wo sie abgelesen und rasch abgebaut werden – so schnell, dass es lange als ausgeschlossen galt, sie überhaupt therapeutisch nutzen zu können.

Zwar hatten jüngst US-Forscher herausgefunden, dass unter extremen Umständen einer Corona-Infektion kleine Erbgut-Schnipsel des Virus in die menschliche DNA gelangen könnten. Die noch ungeprüfte Vorabveröffentlichung behandelt jedoch keine Impfstoffe. Völlig ausgeschlossen sei, „dass der RNA-Impfstoff in DNA umgeschrieben und integriert wird“, sagte Joachim Denner vom Robert Koch-Institut (RKI) mit Blick auf die Studie.

Bei den Testläufen sind sechs Menschen am Biontech-Impfstoff gestorben

Bewertung: Das ist falsch.

Fakten: An der Phase-3-Studie von Biontech nahmen 43 448 Menschen teil. Im Studienzeitraum Ende April bis Mitte November starben sechs Teilnehmer – allerdings nicht an der Impfung. „Alle Todesfälle stellen Ereignisse dar, die in der allgemeinen Bevölkerung der Altersgruppen, in denen sie auftraten, mit einer ähnlichen Rate vorkommen“, schreibt die für die US-Zulassung des Präparats zuständige Behörde FDA. Die europäische Zulassungsbehörde EMA schreibt: „Andere Vorerkrankungen waren eher die Todesursache.“ Vier der Toten stammten aus der Vergleichsgruppe, die gar keinen Impfstoff erhielt, sondern ein Placebo. Sie starben an alterstypischen Krankheiten wie einem Infarkt oder einem Schlaganfall. Einer der beiden Toten aus der Testgruppe, die den Impfstoff erhielt, erlitt rund zwei Monate nach dem zweiten Pieks einen Herzinfarkt. Der zweite hatte diverse Vorerkrankungen.

RKI-Präsident Lothar Wieler erklärte schon vor der EU-Zulassung, es sei statistisch wahrscheinlich, dass „Menschen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung versterben werden“ – etwa weil erst „die alten und hochaltrigen Menschen“ geimpft werden, die allgemein ein höheres Sterberisiko haben.

Die schnelle Zulassung und die Neuartigkeit des Impfstoffs macht das Präparat unsicher

Bewertung: Das ist falsch.

Fakten: Anders als in den USA und Großbritannien gab es in der EU keine Notfallzulassung, sondern eine bedingte Marktzulassung mit einer umfassenden Prüfung, bei der die Hersteller mehr Verantwortung für die Sicherheit des Medikaments tragen.

Der Zulassungsprozess erfolgte im Rolling-Review-Verfahren. Dabei können Arzneimittelhersteller schon vor dem vollständigen Zulassungsantrag einzelne Berichte über die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit ihres Präparats einreichen. Es werden also bereits während der Entwicklung neue Erkenntnisse geprüft, nicht erst ganz am Ende. Ein Rolling Review und ein beschleunigtes Bewertungsverfahren heiße nicht, „dass es Abstriche hinsichtlich der Sorgfalt bei der Prüfung geben wird“, schreibt das für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut.

Obwohl bisher keiner der mRNA-Impfstoffe für Menschen zugelassen war, wurde die Technologie nicht erst im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt. Seit mehr als drei Jahrzehnten wird dazu geforscht – etwa für die Krebstherapie und zum Impfen gegen Tollwut, Zika oder Grippe. Auch die deutschen Unternehmen CureVac und Biontech arbeiten schon sehr lange am medizinischen Einsatz der mRNA.

Bei der Impfung wird ein Chip implantiert

Bewertung: Das ist falsch.

Fakten: In den sozialen Netzwerken findet sich zum Beispiel ein Artikel über einen saudi-arabischen Erfinder, der beim Deutschen Patentamt ein Patent für elektronische Chips beantragt hat, die zur Überwachung und sogar Tötung implantiert werden sollten. Der Artikel wird in Zusammenhang zum Coronavirus gebracht – stammt aber vom 8. Mai 2009, also weit vor der Corona-Pandemie. Das Patentamt hat klargestellt, dass das Patent damals zwar beantragt, aber bereits im Vorverfahren zurückgewiesen worden sei. Ein solches Patent sei nie erteilt worden und habe auch keine Chance, erteilt zu werden.

Auch Microsoft-Gründer Bill Gates wird gerne unterstellt, über die Corona-Impfungen Menschen Chips implantieren zu wollen, um die Kontrolle über die Menschheit zu erlangen. Dafür gibt es keinerlei Belege. Die Behauptungen basieren auf aus dem Zusammenhang gerissenen oder absichtsvoll falsch interpretierten Gates-Zitaten.

Grundsätzlich ist es möglich, Menschen Mikrochips unter die Haut zu pflanzen. Diese Chips dienen etwa zum Bezahlen oder zum Speichern von Gesundheitsdaten, die bei einem Notfall im Krankenhaus gescannt werden könnten. Dr. Patrick Kramer, Gründer und Chef der Biohacking-Plattform „digiwell“, sagte dem BR, er habe selber bereits 3500 Deutschen ein Mikrochip-Implantat gesetzt. Die kleinsten Implantate seien aber so groß wie ein Reiskorn, entsprechend groß sei die Injektionsnadel. „Wenn diese Nadel gesetzt wird, dann merkt man das.“ Während eine Impfung in den Muskel gesetzt wird, kommt das Mikrochip-Implantat laut Kramer unter die erste Hautschicht, ein völlig anderes Verfahren also.

DPA-FAKTENCHECK-TEAM, wha

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