„Das Vertrauen ist schwer beschädigt“

von Redaktion

INTERVIEW Hotelier Korbinian Kohler wünscht sich nach Kretschmers Osterurlaub-Absage ein Umdenken in der Politik

Korbinian Kohler, 52, ist Inhaber mehrerer Hotels im Tegernseer Tal – darunter das „Spa & Resort Bachmair Weissach“ in Kreuth und das „Bussi Baby“ in Bad Wiessee. Die Aussage von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), wonach der Osterurlaub 2021 ausfallen soll, ärgert den Hotelier.

Herr Kohler, wie haben Sie auf die Aussage von Herrn Kretschmer reagiert?

Mit Verwunderung. Die Aussage hat gezeigt, wie unkoordiniert die Politik derzeit handelt. Corona ist eines von vielen Risiken, mit denen wir als Gesellschaft leben müssen. Die Politik konzentriert sich zu monothematisch darauf und vergisst die Gefahren, die vom Lockdown selbst ausgehen. Angstgetriebene Reflexe ersetzen differenziertes Analysieren.

Haben Sie noch Vertrauen in die Politik?

Inzwischen ist hinreichend bewiesen, dass die Hotellerie nicht zur Verbreitung von Covid beiträgt. Weil die angerichteten Schäden so groß sind, ist es für Politiker nicht mehr möglich zu sagen: „Sorry, wir haben uns getäuscht.“ Das Vertrauen, das höchste Gut der politischen Akteure, ist schwer beschädigt – teilweise sogar irreparabel.

Was würde ausbleibender Oster-Tourismus für Sie bedeuten?

Dass der Millionenverlust noch größer wird. 95 Prozent der Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Das ist eine riesige Belastung für sie. Für ein Zimmermädchen, das 1400 Euro verdient hat und jetzt noch 60 Prozent bekommt, wird es schwierig zu überleben. Wir haben eine Hotline eingerichtet, bei der diese Mitarbeiter anrufen können und wir versuchen zu helfen. Wir haben gut gewirtschaftet und sind durchfinanziert – wenn es sein muss, auch bis Juli oder August. Die Schäden sind verheerend und einige Kollegen werden das nicht überstehen.

Was sollte getan werden?

Wirtschaftsbereiche, die geschlossen werden, müssen vollumfänglich kompensiert werden. Nicht einen Teil der Kosten, keine Hilfen, keine Zuschüsse, keine Kredite, sondern Schadensersatz. Man kann als Gesellschaft entscheiden, gewisse Betriebe zu schließen, aber dann muss man auch zeitnah den dadurch entstandenen Schaden ersetzen. Dass das nicht passiert, ist für mich unverzeihlich.

Was ist mit den staatlichen Corona-Hilfen?

Für den ersten Lockdown habe ich 50 000 Euro erhalten. Das deckt gerade mal meine Kosten für einen Tag ab. Ansonsten haben wir KfW Darlehn bekommen, die bei den November- und Dezemberhilfen angerechnet werden, obwohl sie getilgt werden müssen. Hier fehlt uns mittelständischen Unternehmern in diesem Land endgültig jegliches Verständnis.

Ändern die Aussagen etwas an Ihren Planungen für die Osterferien?

Wir hoffen und rechnen damit, dass wir zu den Osterferien aufmachen können. Es gibt aber noch keine Planung, weil wir keine Perspektive bekommen. Wir können die Hotels auch nicht plötzlich innerhalb von drei Tagen aufmachen. Es braucht einen Vorlauf von mindestens zwei Wochen. Da geht es um Bestellungen, Dienstpläne, Kinderbetreuung et cetera. Wir gehen zwar von Ostern aus, aber planen können wir es nicht.

Was erwarten Sie jetzt von der Politik?

Ich erwarte, dass sich die Politik das Gesamtportfolio der Risiken ansieht, rational bewertet und daraus die entsprechenden Maßnahmen ableitet. Wir konzentrieren uns nun auf unsere Betriebe, damit wir bei Öffnung top Produkte anbieten können.

Interview: Julian Nett

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