Tel Aviv – In Israel geht ein langer Lockdown zu Ende. Mit kleineren Pausen dauerte er seit September an. Gestern nun wurden Geschäfte, Einkaufszentren, Museen und Büchereien wieder geöffnet. Bürger, die bereits gegen das Coronavirus geimpft oder wieder von der Viruserkrankung genesen sind, erwarten sogar noch mehr Erleichterungen – mit dem sogenannten „Grünen Pass“.
Wer den neu eingeführten „Grünen Pass“ hat, darf unter anderem Fitness-Studios, Hotels, Theater oder Sportereignisse besuchen. Gesundheitsminister Juli Edelstein schrieb bei Twitter, mehr als 3,2 Millionen Israelis könnten ab sofort diese Vorteile genießen. Ziel sei es, die Wirtschaft im Land wieder anzukurbeln. „Der Grüne Pass öffnet das Land schrittweise wieder“, sagte auch Regierungschef Benjamin Netanjahu am Samstagabend.
Israel impft bereits auch Jugendliche
Möglich ist dies alles, weil Israel der Welt beim Impfen in Sieben-Meilen-Stiefeln enteilt ist. Das Land mit seinen 9,3 Millionen Einwohnern gilt als Vorreiter beim Impfen. Insgesamt wurden in Israel seit dem 19. Dezember rund 4,3 Millionen Erst- und fast drei Millionen Zweitimpfungen verabreicht. Zum Vergleich: Deutschland hat mit seinen 83,78 Millionen Bürgern etwa neun mal so viele Einwohner wie Israel – aber erst 3,2 Millionen Menschen Erstimpfungen verabreicht und 1,7 Millionen Menschen zweitgeimpft. In Israel kann sich inzwischen jeder Bürger ab 16 Jahren impfen lassen. Die Infektionszahlen sind weiter vergleichsweise hoch, in den vergangenen Wochen aber stetig gesunken.
Für alle Israelis, die noch keinen grünen Pass haben, wird das Leben ebenfalls wieder normaler. Gestern öffneten Einkaufszentren, Museen, Bibliotheken und Gebetshäuser auch für Nicht-Geimpfte wieder. Dort müssen weiter die Corona-Regeln wie Maskenpflicht und Abstand eingehalten werden. Auch die Schulen wurden für weitere Klassen geöffnet.
In Israel kann sich jeder Genesene sowie jeder Geimpfte eine Woche nach der zweiten Impfung einen Impfausweis online erstellen. Persönliche Informationen sind mittels eines einfachen QR-Codes ablesbar. Besitzer eines solchen Impfausweises können sich dann einen Grünen Pass ausstellen lassen, unter anderem über eine spezielle App.
Nationaltheater setzt auf Gesichtserkennung
Das israelische Nationaltheater Habima in der Küstenstadt Tel Aviv stellte nach der Wiedereröffnung am Sonntag am Eingang einen Bildschirm mit Gesichtserkennungssoftware auf. „In der Corona-Krise können wir allen Einrichtungen helfen, die rasch sehr viele Leute einlassen und ihre Identität überprüfen müssen“, erklärte Ejal Fischer vom Startup „Preciate“ den Einsatz des Geräts. Die Software brauche nur eine Sekunde für die Erkennung und könne auch Fälschungen verhindern, sagte Fischer. Theaterbesucher könnten ihren Ausweis mit Bild entweder online einscannen oder sich beim ersten Besuch vor Ort registrieren lassen. Dem Nationaltheater habe man die Software gespendet, sie koste für gewöhnlich monatlich bis zu 1500 Schekel (rund 380 Euro) pro Station mit Bildschirm.
SARA LEMEL