Corona-Selbsttest: Was Sie jetzt wissen müssen

von Redaktion

VON ANDREA EPPNER UND KLAUS RIMPEL

München – Wer wissen wollte, ob er akut mit dem Coronavirus infiziert ist, konnte das bisher auf zwei Arten herausfinden: Durch einen Nasen- oder Nasenrachenabstrich durch medizinisches Personal mit einem PCR-Test. Das hieß: einige Stunden oder ein, zwei Tage Wartezeit. Die zweite Option: ein Schnelltest, weniger genau, der aber in wenigen Minuten ein Ergebnis liefert.

Jetzt kommt eine dritte Möglichkeit dazu: Antigen-Schnelltests (s. Grafik), die so angepasst wurden, dass auch Laien diese anwenden können. Möglich gemacht hat das eine Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung am 2. Februar. Rund 30 Zulassungsanträge für Laien-Selbsttests gingen daraufhin beim Bundesinstitut für Arzneimittel ein. Dort hat man sorgfältig geprüft – und gestern für die ersten Tests eine „Sonderzulassung“ für Deutschland erteilt.

Welche Laientests sind jetzt zugelassen?

Dabei handelt es sich um folgende: den „Clinitest Rapid Covid-19 Self-Test“ mit Hersteller: Healgen Scientific LLC, Houston, USA und Antragsteller Siemens Healthcare Diagnostics Products GmbH in Marburg. Ebenfalls zugelassen: der „Rapid Sars-CoV-2 Antigen Test Card“ mit (Hersteller: Xiamen Boson Biotech Co. Ltd., China) mit der Technomed Service GmbH in Graz als Antragsteller. Dazu kommt der „Lyher Covid-19 Antigen Schnelltest (Nasal)“ (Hersteller: Hangzhou Laihe Biotech Ltd. Co., China), Antrag durch die Lissner Qi GmbH in Hamburg.

Wie sieht die Anwendung aus?

Allgemein wird das voraussichtlich in etwa so ablaufen: Den Abstrich nimmt man im vorderen Nasenbereich. Der Tupfer kommt dann in ein Röhrchen mit Testlösung. Von dieser Lösung tropft man etwas auf die Testkassette und wartet ca. 15 Minuten. Das Ergebnis liest man wie bei einem Schwangerschaftstest ab. Wie es genau geht, kann man in der Packungsbeilage nachlesen oder in Hersteller-Videos ansehen.

Kann man sich auf das Ergebnis verlassen?

Auf einen positiven Schnelltest muss eine Kontrolle per PCR folgen – das gilt auch für die Laien-Selbsttests. Beide gelten als etwas unsicherer als der PCR-Test und reichen für eine Diagnose nicht aus. Dazu könnten bei Laien Anwendungsfehler kommen. „Antigentests sind mittels Anleitung sowie ergänzender Videoerklärungen auch für Laien leicht durchführbar“, beruhigt Dr. Christoph Spinner, Pandemiebeauftrager des Uniklinikums rechts der Isar in München. Entscheidend sei der Abstrich. Er ist aber überzeugt, „dass die Mehrzahl der Anwender problemlos mit Selbsttests für Sars-CoV-2 zurechtkommt.“ Auch Dr. Markus Frühwein, Allgemeinarzt in München, geht davon aus, dass Laien gut mit den Tests zurechtkommen – auch, weil der Abstrich im vorderen Bereich der Nase entnommen wird: „Das ist einfacher.“

Wie bekommt man die Tests – und wo?

Diese sind freiverkäuflich, dürfen also nicht nur in Apotheken, sondern auch über das Internet und im Einzelhandel verkauft werden, also etwa in Drogerien, in Supermärkten und bei Discountern. „Die Verordnung sieht lediglich vor, dass vor Ort eine fachliche Beratung angeboten werden kann“, heißt es beim Bundesgesundheitsministerium. Wann es in Apotheken soweit ist, dazu könne man derzeit „keine seriöse Aussage treffen“, sagt Thomas Metz, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes (BAV). Das sei von den Herstellern abhängig. Auch müsse „die Logistik erst in Gang gebracht“ werden. Bei Rossmann hieß es gestern auf Nachfrage unserer Zeitung, man beobachte „die aktuellen Entwicklungen genau und prüfe die Möglichkeiten, ein entsprechendes Angebot im Rahmen der gesetzlichen Bedingungen umsetzen zu können.“ Bei Rewe äußerte man sich ähnlich. Deutlicher ist man beim Discounter Aldi: Man werde „in Kürze Corona-Schnelltests im Verkauf anbieten“, hieß es gestern. Und: Laien-Selbsttests müssten Kunden „ganz normal bezahlen“, sagt Apothekersprecher Metz. Beim Bundesgesundheitsministerium heißt es dazu: Die Länder müssten selbst entscheiden, ob die Kosten als Teil ihrer Teststrategie für bestimmte Bereiche übernommen werden. Ob das auch einmal für den privaten Bereich gelten wird, ist offen. Das gilt auch für den Preis. Eine Orientierung erlauben Angebote zur Anwendung durch medizinisches Personal: Ein 20er-Pack „Clinitest“ von Siemens ist für ca. 140 Euro im Netz zu haben.

Was halten Experten generell von den Tests?

„Selbsttests sind in der Medizin gut erprobt und erleichtern vor allem die Verfügbarkeit und reduzieren Testbarrieren“, findet Spinner und verweist auf den HIV-Selbsttest, mit dem man bereits positive Erfahrungen gemacht habe. Sars-CoV-2-Laientests erlaubten bei Menschen mit Symptomen „eine schnelle Verdachtsdiagnose“. So ließen sich früh Maßnahmen treffen, um eine Übertragung zu verhindern. Wegen ihrer „niedrigen Sensitivität“ seien Antigen-Schnelltests im Screening aber nur sinnvoll, „wenn Sie sehr regelmäßig, alle ein bis zwei Tage, wiederholt werden.“ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verspricht sich von Laientests mehr Sicherheit in konkreten Situationen, etwa „bevor man eine Veranstaltung besucht, sich die Haare schneiden lässt oder ins Theater geht.“ Hier sieht auch Frühwein den größten Nutzen. Selbst wenn Laientests nicht bei jedem richtig liegen, werde man gerade bei niedrigen Fallzahlen „noch mehr positive Fälle herausfischen, eine „deutliche Risikoreduktion“.

Könnten die Tests auch zum Problem werden?

Frühwein fürchtet aber auch, „dass uns dadurch die Kontrolle über das Infektionsgeschehen komplett entgleiten könnte – gerade auch im Hinblick auf Mutationen, die man nur im Rahmen von PCR-Tests feststellen kann.“ Es sei zu befürchten, dass viele, die sich zuhause testen und ein positives Ergebnis erhalten, nicht noch einen PCR-Test machen. Eine Meldepflicht ist für Laien-Selbsttests laut Bundesgesundheitsministerium nicht vorgesehen und auch kaum kontrollierbar. Viele wollten eine überwachte Quarantäne vermeiden „und stattdessen einfach ein paar Tage daheim bleiben“, fürchtet Frühwein. „Es könnte passieren, dass die Infektionszahlen nur auf dem Papier sinken.“

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