„Ein Ehrenamt lebt von Zeit und Nerven“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Rund 3600 Mal im Jahr rücken die Ehrenamtlichen der Freiwilligen Feuerwehr München aus. Wenn es brennt, ist der Verein auf das Engagement der Mitglieder angewiesen. In Corona-Zeiten steigt der Druck auf die Ehrenämtler, sagt Kommandant Claudius Blank.

Herr Blank, sind noch genug Ehrenamtliche alarmbereit?

Aktuell haben wir rund 1 200 Mitglieder. Pandemiebedingt gibt es aber einen gewissen Graubereich. Das liegt daran, dass wir uns kaum noch treffen können. Der Kontakt untereinander lässt dann natürlich nach – deshalb ist unklar, wie viele Mitglieder noch voll aktiv sind. Ich schätze, wir können davon ausgehen, dass etwa zehn Prozent gar nicht mehr greifbar sind.

Wie geht es dem Verein?

Die Treffen und das gemeinsame Üben fehlen. Die Freiwillige Feuerwehr ist ein sozialer Verein. Man muss sich kennen, wenn man um drei Uhr nachts ausrückt. Man muss wissen, wer gut ist, wer Unterstützung braucht, wer neu dabei ist.

Aber die Ehrenämtler werden trotzdem noch geschult, oder?

Ja, aber wir können keinen Teamgeist entwickeln. Jeder geht zum Praxisunterricht, man übt, wie man Schläuche verlegt, wie die Technik funktioniert, wie die Abläufe sind – und danach gehen alle schnell heim. Letztes Jahr hat es einen Wechsel in unserer Führung gegeben. Wir konnten uns nicht einmal richtig von unseren Vorgängern verabschieden, die jahrzehntelang einsatzbereit waren. So funktioniert ein Ehrenamt nicht.

Sind in der Corona-Krise neue Ehrenämtler dazugekommen?

Letztes Jahr haben wir nur halb so viele Mitglieder wie sonst aufgenommen. In der Regel waren das nur Menschen, deren Freunde oder Familienmitglieder bereits dabei sind. Ich denke, dass viele Menschen in der Krise mit eigenen Problemen beschäftigt sind. Dabei lebt die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Feuerwehr davon, dass die Leute die Zeit und die Nerven haben, sich neben Beruf und Familie noch für anderes zu engagieren.

Vor welchen Problemen steht ihr Verein jetzt?

Jeder muss sich mehr engagieren, um den fehlenden Zuwachs zu kompensieren. Wir behalten das im Blick, indem wir unsere Mitgliederwerbung und -bindung neu ausrichten. In München und in sechs weiteren bayerischen Großstädten arbeiten Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr Hand in Hand. Aber in allen Gemeinden, in denen man auf Ehrenämtler angewiesen ist, wird es kritisch, wenn die Pandemie nicht bald ein Ende hat.

Interview: Kathrin Braun

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