Bad Tölz – Max Sterflinger starb am 4. April 2020. Soweit seine Familie heute weiß, war er der zweite von bisher insgesamt 61 Menschen, die im Landkreis Bad Tölz an Corona gestorben sind. Wo ihr Opa sich das Virus einfangen hat, weiß seine Enkelin Stephanie nicht. Zu jenem Zeitpunkt waren bereits mehrere Familienmitglieder infiziert. Ein Gutes hatte es, sagt Stephanie heute. So durfte „der Mittelpunkt der Familie“ zumindest daheim im Kreise seiner Liebsten sterben.
Als noch niemand das Wort „Corona“ kannte, hatte Max Sterflinger aus Bad Tölz seine ganze Familie noch einmal um sich geschart und mit ihnen seinen 85. Geburtstag gefeiert. Es war ein Fest nach seinem Geschmack. Und wenn er mit seiner Ehefrau Hilde nicht gerade Familie und Freunde bewirtete, fertigte er Möbelstücke für sie an. „Vom Kinderzimmermobiliar bis zur Badezimmerkommode, wir alle haben ein selbst geschreinertes Stück zuhause stehen“, erzählt Stephanie. Heute sind sie wertvolle Andenken für sie.
Das Schreinern hat Max Sterflinger wohl entschleunigt, denn ansonsten war er ein umtriebiger Mann. Getreu dem Motto „Immer auf Achse“ lebte er schließlich schon von Berufs wegen. Ganzen Generationen hat „da Fahrlehrer von Bad Tölz“ beigebracht, richtig einzuparken und das Blinken nicht zu vergessen. Auch zwei seiner Enkelkinder hat er das Autofahren gelehrt, obwohl er da eigentlich schon pensioniert war. Vor 20 Jahren ließ er extra eine Nachprüfung über sich ergehen, um gemeinsam mit ihnen noch einmal in das Fahrschulauto steigen zu dürfen und sie fit für den Führerschein zu machen.
Den ganzen Tag im Isarwinkel unterwegs, war Max Sterflinger auf den Tölzer Straßen ein bekannter Mann. Stephanie staunte auf Reisen allerdings nicht schlecht, als ihn sogar in der italienischen Stadt Florenz plötzlich jemand mit „Servus, Max“ begrüßte. Der Opa halt – überall bekannt.
Wenn er nicht gerade im Fahrschulauto saß, ging es für Max Sterflinger mit Wanderschuhen oder Skiern in die Berge. Beim Langlaufen und per Motorrad legte er ansonsten ordentlich Kilometer zurück. Besonders seinen Schwiegersohn und den Enkel hatte er dabei mit Begeisterung im Schlepptau.
Frohsinn und Antrieb verlor er auch nicht nach einem schweren Motorradunfall. Selbst die Schmerzen im Bein ließen ihn nicht stillstehen. Denn immerhin: Der Blomberg ließ sich noch ab und an bezwingen. Und sein Fußballverein, der SC Rot-Weiß Bad Tölz, noch vom Spielfeldrand aus anfeuern.
„Reg dich nicht so auf“, hat Max Sterflinger oft zu seiner Enkelin gesagt. Das Leben so nehmen, wie es kommt. Unbeschwert sein. Das hat Stephanie von ihrem Opa gelernt. Und nach diesem Leitspruch handelte er wohl auch, als er bewusst alle lebensverlängernden Maßnahmen ablehnte und im Kreise seiner Liebsten starb. CORNELIA SCHRAMM