Intrigen und andere Schmutzeleien: Der schwierige Weg ins Kanzleramt

von Redaktion

München – Wer Kanzlerkandidat der Union werden will, braucht den Willen zur Macht – und die eine oder andere List. Ein Überblick über die Kandidaten-Kür bei CDU/ CSU.

Konrad Adenauer

Es ist ein schwüler Sonntag, als Adenauer am 21. August 1949 in sein Privathaus in Rhöndorf lädt. Es gibt Wein und Adenauers Töchter servieren ein kaltes Buffet. Geladen sind 26 Unions- und unionsnahe Politiker. Die Union hat die erste Bundestagswahl gerade mit 31 Prozent knapp vor der SPD gewonnen, aber sie ist ohne Kanzlerkandidaten ins Rennen gegangen. Die „Rhöndorfer Konferenz“ ist laut Einladung eine Wahl-Nachbesprechung, doch schon bald ist die Kanzlerschaft ein Thema. Wer Adenauer vorschlug oder ob er selbst seinen Hut in den Ring warf, darüber gibt es verschiedene Angaben. Der 73-Jährige ist jedenfalls vorbereitet, er hat zuvor seinen Arzt konsultiert. Dieser bescheinigt ihm, dass einer Kanzlerschaft für „ein, zwei Jährchen“ aus medizinischer Sicht nichts entgegenspräche. Es ist der Startschuss seiner 14-jährigen Amtszeit.

Ludwig Erhard

Adenauer hält sich lange für unersetzlich. Hoffnungsträger demontiert er. Doch bei einem beißt er sich die Zähne aus: Wirtschaftsminister Ludwig Erhard. Die Partei setzt auf den populären Politiker, Adenauer versucht, ihn trotzdem zu verhindern. 1963 tritt Adenauer ab, Erhard wird Kanzler. 1965 gewinnt Erhard die Wahlen. 1966 endet die Koalition mit der FDP. Erhard wird gestürzt. Zu engen Vertrauten soll Adenauer damals gesagt haben: „Et is allet ejal, Hauptsache et is einer wech.“

Kurt Georg Kiesinger

Am 2. November 1966 erklärt Kanzler Erhard in der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion seine Bereitschaft zum Rücktritt. Es gibt mehrere Nachfolgekandidaten, darunter Fraktionsvorsitzender Rainer Barzel und Kurt Georg Kiesinger, Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Am 10. November 1966 gibt es in der Fraktion eine Abstimmung. Kiesinger hat Regierungserfahrung – und die Unterstützung der CSU. Kiesinger braucht drei Wahlgänge für die absolute Mehrheit. Er wird kurz darauf ohne Neuwahl Kanzler einer Großen Koalition.

Rainer Barzel

1971 wird Rainer Barzel zum CDU-Vorsitzenden gewählt. Und er hat mindestens zwei große Probleme. Er gilt, erstens, als wenig volksnah. Und zweitens hat er mit Helmut Kohl einen Politiker in den eigenen Reihen, der gegen ihn intrigiert. 1972 geht Barzel als Kanzlerkandidat ins Rennen und verliert gegen Willy Brandt (SPD).

Franz Josef Strauß

Der Bayer ist 1980 der erste CSU-Kanzlerkandidat. Das ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Strauß drohte, die CSU bundesweit als eine vierte Partei rechts der CDU auszubauen. Diese politische Erpressung sichert Einfluss in der Union. CDU-Chef Kohl schlägt den niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht als Kandidaten vor. Parteigrößen wie Richard von Weizsäcker unterstützen Albrecht. Doch es kommt zur Abstimmung in der Fraktion. Strauß holt 135 von 237 Stimmen.

Helmut Kohl

Bei der Bundestagswahl 1980 lässt Kohl Strauß den Vortritt – mit dem Kalkül, dass die Deutschen den Bayern nie zum Kanzler wählen würden. Kohls Plan geht auf. 1982 kommt Kohl durch ein konstruktives Misstrauensvotum ins Kanzleramt, bei der vorgezogenen Bundestagswahl im März 1983 ist er unangefochtener Kanzlerkandidat.

Edmund Stoiber

Beim „Frühstück von Wolf-ratshausen“ gibt es frische Semmeln, die Karin Stoiber in der Früh eigenhändig geholt hat. Es ist der 11. Januar 2002 und die damalige CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel besucht CSU-Chef Edmund Stoiber daheim in seinem Haus. Die K-Frage soll endgültig geklärt werden. Ministerpräsidenten, Landesvorsitzende und CDU-Abgeordnete haben sich zuvor für Stoiber ausgesprochen. Auch in den Umfragen führt der Oberbayer. Merkel überlasst Stoiber schließlich das Kandidaten-Amt. Aber das Frühstück bringt kein Glück. Stoiber verliert später hauchdünn gegen Gerhard Schröder.

Angela Merkel

Die SPD bringt die Union im Mai 2005 in Zugzwang, indem sie erklärt, die Bundestagswahlen um ein Jahr vorzuziehen. Eigentlich wollten sich CDU und CSU mit der Kandidatenkür Zeit lassen, doch jetzt bricht Hektik aus. Nach der gemeinsamen Sitzung der Präsidien von CDU und CSU ist es Edmund Stoiber, der Angela Merkel am 30. Mai 2005 vorschlägt. Merkel nimmt an und sagt: „Ich will Deutschland dienen.“ STEFAN SESSLER

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