An diesem Donnerstag ist nicht nur Vatertag – die Christen feiern 40 Tage nach Ostern auch das Fest Christi Himmelfahrt. Das Geschehen ist in der Bibel beschrieben, sowohl im Lukas-Evangelium als auch in der von Lukas verfassten Apostelgeschichte. Nachdem Jesus mit seinen Jüngern gesprochen hatte, so heißt es dort, „wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken“.
Die Himmelfahrt, erläutert der Weltkatechismus, meint den „endgültigen Eintritt der menschlichen Natur Jesu in die göttliche Herrlichkeit“. In einigen katholischen Kirchen in Oberbayern wird diese Geschichte zum Hochfest Christi Himmelfahrt heute noch als Live-Spektakel inszeniert, zum Beispiel östlich von München. Wenn Christus in der Pfarrkirche „Mariä Geburt“ in Anzing im Kreis Ebersberg zu seinem Vater heimgeht, hält der Auferstandene als Triumphator über den Tod ein Siegesbanner in der Linken. Die Entfernung zwischen Erd’ und Himmel beträgt hier nicht viel mehr als zehn Meter. Das Tempo, mit dem die Figur per Seilwinde emporgezogen wird, ist eher gemächlich denn raketengleich. Der Heiland lässt sich ein paar Minuten Zeit, bis er durch das „Heilig-Geist-Loch“ in der Decke entschwunden ist.
Gegen eine Renaissance der dramatischen Inszenierung führen moderne Theologen einige Gründe ins Feld: Das Himmelreich sei im biblischen Sinne nicht „oben“ anzusiedeln, entrückt in den unendlichen Weiten des Alls. Vielmehr sei Gott allgegenwärtig – mitten unter den Menschen. In Anzing ist man über derlei Bedenken erhaben. Wenn dort der Aufzug in Gang gesetzt wird, beginnt sich der Gottessohn wegen des gedrillten Seils langsam zu drehen. Das sieht dann so aus, als ob er alle Anwesenden ringsum segnet. Eine Symbolik, der nicht nur der Anzinger Pfarrer Bernhard Waldherr einiges abgewinnen kann.
Der Brauch des „Herrgott-Aufziehens“ ist in Bayern bereits für das Jahr 1433 belegt und wurde im Laufe der Zeit immer fantastischer ausgeschmückt. Da ging es nicht allein darum, eine biblische Geschichte plastisch nachzustellen. Im Gegenzug flog eine Teufelsgestalt hinunter, die von den Gläubigen verprügelt wurde – zum Zeichen dafür, dass Christus nun die Weltherrschaft übernommen hat und das Böse bedeutungslos geworden ist.
Außer in Anzing hat sich der Auffahrtritus im ehemaligen Augustiner-Chorherrenstift in Baumburg im Chiemgau und in Mittenwald (Kreis Garmisch-Partenkirchen) erhalten. kna/cm