Adieu, Auto! Paris sperrt den Verkehr aus

von Redaktion

VON KATHRIN BRAUN

München – Flanieren durch die Pariser Innenstadt, am Ufer der Seine, mit Blick auf die Kathedrale Notre-Dame – und das ohne Hupen oder aufheulende Motoren. Das soll in Paris schon bald möglich sein. Der Zeitplan ist straff: Bis 2022 will Bürgermeisterin Anne Hidalgo so viele Autos wie möglich aus dem Zentrum verbannen.

Das Herz der Hauptstadt soll zu einer „verkehrsberuhigten Zone“ werden, kündigte das Pariser Rathaus an. „Wir wollen sie im Zentrum der Hauptstadt umsetzen mit einem Ziel: den Durchgangsverkehr drastisch zu reduzieren“, erklärte David Belliard von den Grünen – er ist für die Umgestaltung des öffentlichen Raums und für die Mobilität in der Metropole zuständig.

Der Plan soll die historische Innenstadt verändern. Betroffen sind die inneren vier Arrondissements – so werden die Pariser Bezirke genannt. Dazu kommen nördlich gelegene Teile der fünften, sechsten und siebten Arrondissements am linken Ufer der Seine (siehe Grafik). In diesem Bereich liegen Touristenattraktionen wie der Louvre und die Notre Dame – die Zone macht etwa sieben Prozent der Stadtfläche aus.

In dem verkehrsberuhigten Bereich sollen in Zukunft nur noch Anwohner, Busse, Taxis, Handwerker, Gewerbetreibende und Zusteller mit dem Auto unterwegs sein dürfen. Unklar ist noch, welche Regeln für Reisebusse gelten sollen. Auch wenn die Liste der Ausnahmen lang ist – von der Regelung verspricht sich Paris dennoch, den größten Teil der Autos auszusperren.

Rund 180 000 Autos seien täglich in Zentrum der Stadt unterwegs, sagt Belliard. Davon würden 100 000 ohne Halt durchfahren. Vor allem diese Fahrer sollen in Zukunft draußen bleiben, genauso wie Touristen. „Die Einrichtung dieser Zone zielt darauf ab, Fußgänger und Radfahrer zu unterstützen, mehr Sicherheit für sie zu schaffen und die Umweltverschmutzung und den Lärm zu reduzieren.“

Noch sind einige Fragen ungeklärt. Zum Beispiel, wie genau kontrolliert werden soll, wer mit seinem Auto in die City fahren darf. Belliard schlug Schilder und Markierungen an den Eingängen der Zone vor – an diesen Stellen könnte es dann Kontrollen geben. Die genauen Details sollen aber bei einer Bürgerkonsultation geklärt werden – dann können die Pariser bei der konkreten Gestaltung mitreden und zum Beispiel die Arten von Fahrzeugen festlegen, die noch ins Zentrum dürfen.

Die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo will schon lange Autos aus der Innenstadt verbannen. Dafür hat sie etwa die Fahrradwege stark ausgebaut. Dazu gibt es in den vergangenen Jahren immer wieder autofreie Sonntage, an denen die berühmten Champs-Élysées nur Fußgängern und Radlern gehören. Und das rechte Ufer der Seine auf drei Kilometern Länge ist bereits zur autofreien Zone erklärt worden.

Paris ist nicht die erste europäische Metropole, die autofrei werden möchte. In vielen Städten gibt es bereits vergleichbare Konzepte, und auch in München ist eine autofreie Altstadt geplant (siehe Interview unten).

Mailand

Mailand hat schon seit Jahrzehnten ein enormes Schadstoffproblem – die italienische Metropole tüftelt immer wieder an neuen Verkehrskonzepten, um gegen die Luftverschmutzung zu kämpfen. Mailands Innenstadt ist bereits eine verkehrsberuhigte Zone – das Konzept ist eine Kombination aus dem Pariser Konzept und einer City-Maut. Privatfahrzeuge dürfen an Werktagen nur noch abends in die City fahren, für ältere Fahrzeuge gilt ein komplettes Fahrverbot. Ausgenommen sind zum Beispiel Mofas, E-Autos und Krankenwagen. Für andere Autos, Laster und Reisebusse werden hingegen fünf Euro pro Tag fällig.

Außerdem gibt es in Mailand immer wieder autofreie Tage: Wer sich nicht daran hält, muss mit hohen Strafen ab 150 Euro rechnen. Während dieser Tage finden dann oft Konzerte und Veranstaltungen in der Innenstadt statt.

Madrid

Auch die spanische Hauptstadt leidet unter einer starken Luftverschmutzung. Die damalige linke Bürgermeisterin Manuela Carmena erklärte deshalb 2018 die Innenstadt zur autofreien Zone. Ausnahmen gelten nur für Anwohner, deren Besucher und Menschen, die in der Innenstadt arbeiten. Für andere drohen 90 Euro Bußgeld – überwacht wird der Verkehr per Kamera.

Über das Projekt wurde immer wieder gestritten. Als der konservative Politiker José Luis Martínez-Almeida 2019 zum Bürgermeister gewählt wurde, schaffte er umgehend die autofreie Zone ab. Tausende demonstrierten gegen ihn, Umweltverbände klagten. Das Verwaltungsgericht gab ihnen Recht – und verbannte den Verkehr wieder aus der Stadt.

Kopenhagen

Die dänische Hauptstadt gilt für viele als Radlparadies: Große Teile der Altstadt sind autofrei. Dazu gibt es ein riesiges Netz mit breiten Radwegen und Brücken, die extra für Radler gebaut wurden. Die Ampeln schalten für Radfahrer sogar einige Sekunden früher auf Grün als für Autos. Mittlerweile pendelt mehr als die Hälfte der Schüler, Studenten und Berufstätigen mit dem Rad zur Arbeit. Zum Vergleich: In Deutschlands Radlhauptstadt Münster sind es 35 Prozent.  (mit dpa)

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