München – Das Buch hat es in sich: Mehr als 18 000 feste Wendungen, Redensarten und Sprichwörter enthält der neue Duden mit dem Titel „Redewendungen“. Er erklärt, was sie bedeuten, woher sie stammen und in welchem Kontext sie gebraucht werden: Dass jemand „ins Gras beißt“, sagt man zum Beispiel nur in sehr informellen Situationen. Wer die deutsche Sprache liebt, wird dieses türkisgrüne, ziegelgroße Sprachlexikon mit Vergnügen lesen – und mit Gewinn. Denn: Redewendungen, diese „Fertig- oder Halbfertigteile aus mehreren Wörtern“, sind unentbehrlich für unsere Sprache. Wer sie nutzt, sollte aber wissen, was sie bedeuten. Sonst produziert man womöglich den Tropfen, der den heißen Stein zum Überlaufen bringt. Viel Vergnügen mit unserem Sprach-Quiz.
1. Der Hecht ist ein Raubfisch, lebt in Flüssen, Seen und Teichen – und in einigen Redewendungen. In welche der folgenden gehört er aber nicht?
a. ein toller Hecht sein
b. wie Hechtsuppe ziehen c. sich winden wie ein Hecht d. der Hecht im Karpfenteich sein
Die richtige Antwort ist c.
Denn: Man windet sich sprichwörtlich wie ein Aal, nicht wie ein Hecht. Wer als toller Hecht gilt, wird indessen bewundert. Und wenn es wie Hechtsuppe zieht, herrscht starke Zugluft. Ein Hecht im Karpfenteich schließlich sorgt für Unruhe. Noch eine fischige Redensart: Wenn man mit etwas „keinen Hering vom Teller zieht“, dann reißt man damit niemanden vom Hocker.
2. Wer nichts sieht, hat „Tomaten auf den Augen“. Klar. Aber was hat jemand, der nichts hört, sprichwörtlich in den Ohren?
a. Erbsen
b. Bohnen
c. Spargel
d. Petersilie
Die richtige Antwort ist b. Beispielsatz aus dem Duden: „Haben Sie Bohnen in den Ohren oder was?“ Man kann laut Duden „etwas an der Erbse haben“, also nicht recht bei Verstand sein. Aber keine Redewendung sieht Erbsen im Ohr vor. Wer indessen einen „Spargel quer essen kann“, hat einen sehr breiten Mund. Die Petersilie wiederum kann es einem „verhageln“, dann ist man schlechter Laune. Petersilie in den Ohren gibt es nicht im Duden, sondern bei Asterix: Sie hilft den Römern und Galliern, den Gesang des Barden Troubadix zu ertragen („Asterix als Gladiator“).
3. Wenn man eine Person „dunsten“ lässt, dann
a. steckt man sie in die Sauna b. gibt man ihr nichts zu trinken
c. soll sie Speisen mit wenig Flüssigkeit garen (Küchensprache)
d. lässt man sie im Ungewissen
Die richtige Antwort ist d.
Die Wendung stammt aus der österreichischen Umgangssprache und bedeutet „jemanden hinhalten, im Ungewissen bzw. warten lassen“. Beispielsatz aus dem Duden: „Er fleht mich an, aber ich lasse ihn dunsten.“ Gut, in der Sauna kann es dunstig sein, aber das ist etwas anderes. Wer nichts zu trinken bekommt, der dürstet, dunstet aber nicht. Und wer etwas mit wenig oder im eigenen Saft gart, der dünstet es.
4. Wer jemandem um den Bart geht oder streicht, der
a. ist Friseur bei der Arbeit
b. ist ein Schmeichler oder Heuchler
c. schwört immer beim Propheten
d. erzählt abgedroschene Witze
Die richtige Antwort ist b.
Beispiel aus dem Duden: „Sieh dir mal an, wie der dem Chef um den Bart geht.“ Ein Friseur pflegt oder trimmt den Bart. Und man schwört „beim Barte des Propheten“. Interessant: Der gemeinte Prophet ist zwar Mohammed, aber auch im deutschen Mittelalter gab es die Sitte des Beim-Barte-Schwörens, wobei der Bart berührt wurde. Wenn ein Witz wiederum einen Bart hat, dann ist er altbekannt und hat seine Wirkung verloren.
5. Man kann auf viele Arten sagen, dass jemand alle Tricks kennt. Welche der folgenden Wendungen sagt jedoch etwas anderes aus?
a. Sie ist mit allen Wassern gewaschen.
b. Er weiß, wo der Barthel den Most holt.
c. Sie hat den Hut auf.
d. Er ist mit allen Hunden gehetzt.
Die richtige Antwort ist c.
Wer den Hut aufhat, hat das Sagen, mehr erst mal nicht. Die Wasser-Wendung bezog sich auf Seeleute, die schon mit dem Wasser verschiedener Ozeane in Berührung gekommen waren, also weit gereist und daher sehr erfahren waren. Der Ursprung der Barthel-Redensart ist unsicher. Laut Duden wandelt sie vielleicht Gaunersprache ab, mischt rotwelsch Barsel (Brecheisen) und Moos (Geld) und bedeutet eigentlich: „wissen, wo man mit dem Brecheisen an Geld herankommt“. „Mit allen Hunden gehetzt“ stammt aus der Jägersprache und meint ein Tier, dem es immer wieder gelingt, den auf seine Fährte gehetzten Hunden zu entwischen.
6. Eine Person, die nur noch in den Gräten hängt,
a. ist völlig erschöpft
b. macht viel Sport in der Kletterhalle
c. isst bloß noch Fisch, kein Fleisch
d. geht gerne segeln
Die richtige Antwort ist a.
Interessante Erklärung im Duden: „Gräte steht in dieser Wendung scherzhaft für Knochen. Dadurch wird die Vorstellung erweckt, dass jemand nur noch von seinem Knochengerüst gehalten und getragen wird.“
7. Die Redewendung „jemandem die Runzeln ausbügeln“ bedeutet:
a. für einen Landwirt die Futterrüben ernten (Agrar-jargon)
b. jemanden verprügeln
c. einen kosmetischen Eingriff vornehmen
d. in der Reinigung die Kleidung von Kunden plätten
Die richtige Antwort ist b.
Beispielsatz aus dem Duden: „Wenn der Kerl dich noch einmal belästigt, werde ich ihm die Runzeln ausbügeln.“ Dasselbe sagen laut Duden unter anderem folgende Wendungen: jemandem das Wams ausklopfen, den Frack vollhauen, die Fresse polieren, Zunder geben.
8. Welche der folgenden Wendungen passt nicht in die Reihe?
a. Ich fass es nicht!
b. Da scheißt der Hund ins Feuerzeug!
c. Das darf doch nicht wahr sein!
d. Das ist ein Fass ohne Boden!
Die richtige Antwort ist d.
Sie passt nicht, denn ein Fass ohne Boden ist eine Aufgabe, die nie abgeschlossen werden kann. Alle anderen Wendungen drücken aus, dass etwas nicht vorstellbar oder großes Pech ist. Das Fass ohne Boden stammt aus der griechischen Mythologie: Die 50 Töchter des Königs Danaos hatten auf Befehl ihres Vaters die ebenso zahlreichen Söhne des Nachbarkönigs Aigyptos getötet. Der Totenrichter der Unterwelt verurteilte sie daraufhin, auf ewig Wasser in ein durchlöchertes Fass zu schöpfen.
9. Die Wendung „wo die Hunde mit dem Schwanz bellen“
a. ist frei erfunden
b. entstammt dem Film „Wag the Dog – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt“ (1997)
c. steht für „an einem ganz entlegenen Ort“
d. ist ein Zitat aus der Science-Fiction-Serie „Planet der Hunde“
Die richtige Antwort ist c.
Beispielsatz aus dem Duden: „Sie leben jetzt fernab von jeder Zivilisation, in einem kleinen Dorf, wo die Hunde mit dem Schwanz bellen.“ Die Wendung gibt es also wirklich. „Wag the Dog“ ist eine noch immer sehenswerte Film-Satire mit Dustin Hoffman und Robert De Niro über Medienmanipulation durch die Politik. Und die Sci-Fi-Serie heißt „Planet der Affen“, nicht „Planet der Hunde“.
10. Wer sich sichtlich freut, strahlt „wie ein Honigkuchenpferd“. Man kann vor Glück laut Duden noch anders strahlen – aber nicht wie
a. ein Reaktor
b. ein Hutschpferd
c. ein Maikäfer
d. ein Putzeimer
Die richtige Antwort ist a.
Die Sportfreunde Stiller aus Germering singen zwar: „Wir strahl’n wie ein Reaktor/ nach ‘nem Pilzrisotto“ – aber das ist kein Freudestrahlen. Hutschpferd sagen die Österreicher, Maikäfer die Schweizer, Putzeimer ist Umgangssprache.
11. Es gibt einige Redensarten, in denen „Hunger“ vorkommt. Welche der folgenden Redensarten passt jedoch nicht zu den anderen?
a. am Hungertuch nagen
b. an den Hungerpfoten saugen
c. hungrig wie ein Wolf sein d. Der Hunger treibt’s rein.
Die richtige Antwort ist d.
Die Wendung bedeutet: Weil man Hunger hat, isst man etwas, obwohl es einem nicht schmeckt. Alle anderen Redensarten heben darauf ab, dass man großen Hunger hat. Laut Duden hieß „Hungertuch“ früher das Tuch, mit dem in der Fastenzeit der Altar verhängt wurde. „Aus dem Brauch, das Fastenvelum zu nähen, um mit diesem den Altar zu verhüllen und die Gläubigen zur Buße zu mahnen, ging die seit dem 16. Jahrhundert bezeugte Wendung ,am Hungertuch nähen‘ hervor, die später in ,am Hungertuch nagen‘ umgedeutet wurde.“ Die Erklärung zu den Hungerpfoten: „Die Wendung bezieht sich auf die dem Bären zugeschriebene Gewohnheit, während des Winterschlafs Fett aus den Tatzen zu saugen.“
12. Wenn eine Person aussieht wie „Graf Koks“, dann
a. stammt sie vermutlich aus Transsilvanien
b. zieht sie sich übertrieben fein an
c. arbeitet sie als Heizer auf einem Schiff (Seemannssprache)
d. nimmt sie Drogen
Die richtige Antwort ist b.
Der Name bezieht sich laut Duden auf die frühere Bezeichnung „Koks“ für den steifen runden Herrenhut, die Melone. Eine solche trug ursprünglich der Vollzugsbeamte der städtischen Gaswerke, der die Schulden für die unbeglichenen Rechnungen kassierte.
13. Ein Mann, der den Wurm badet,
a. ist gerade beim Angeln
b. pflegt väterlich das Neugeborene
c. hat ein Herz für Tiere
d. neigt zu Pleiten, Pech und Pannen
Die richtige Antwort ist a.
Beispielsatz aus dem Duden: „Papa ist schon ganz früh aus dem Haus gegangen, er will mal wieder den Wurm baden.“ Mit „Wurm“ ist der Regenwurm oder Ähnliches gemeint, der beim Angeln als Köder dient. Wenn in einer Sache „der Wurm drin“ ist, läuft ständig etwas schief.
14. Zum Schluss ein bisschen Literatur. Die Wendung „Der Rest ist Schweigen“ bedeutet: Man sagt besser nichts mehr darüber. Das ist ein Zitat aus
a. Goethes „Faust“
b. Lessings „Nathan der Weise“
c. Shakespeares „Hamlet“
d. Hauptmanns „Die Ratten“
Die richtige Antwort ist c.
Es sind die letzten Worte Hamlets in Shakespeares gleichnamiger Tragödie. Im Original heißt es: „The rest is silence.“ Übrigens auch aus Hamlet: Morgenluft wittern. Das sagt der Geist von Hamlets Vater angesichts des heranbrechenden Tages: „Mich dünkt, ich wittre Morgenluft.“