München/Nürnberg – Sie gehörten einst zur Natur wie heute Füchse, Hasen oder Rotwild – doch sie eint ihr Schicksal: Jahrzehnte bis Jahrhunderte waren Waldrapp, Biber, Wildkatze und Luchs aus Bayern verschwunden. Wenn es nach dem Wunsch des Bund Naturschutz ginge, wären alle vier Arten längst wieder in voller Stärke zurück. Doch so richtig geklappt hat das bislang nur beim Biber.
Der Waldrapp
Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts zählte der Vogel mit seinen schwarz-grünlichen Federn und dem markanten Schnabel zu den heimischen Arten nördlich der Alpen. Wenig später war er ausgerottet – sein als zart geltendes Fleisch war ein beliebter Inhalt bayerischer Kochtöpfe. Der Bund Naturschutz (BN) erklärt in einer Chronik, der Waldrapp sei 1980 in stabilen Gruppen fast nur noch in Marokko vorgekommen. Gute zwanzig Jahre später leitete ein Team des BN zwanzig aufgezüchteten Vögeln ihren Weg über die Alpen – mit einem Leichtflugzeug. Seit vergangenem Jahr gibt es in Burghausen etwa 50 Waldrappe, die als stabile Gruppe gelten. Die Vögel fliegen im Winter nach Italien – aber kommen im Frühjahr wieder zurück.
Die Wildkatze
Wildkatzen verschwanden Anfang des 20. Jahrhunderts aus den bayerischen Wäldern. Kai Frobel, Artenschutzreferent beim BN Nürnberg, erklärt: „Die Jagdliteratur im 19. Jahrhundert hat kunterbunte Geschichten gelehrt.“ So zum Beispiel, dass Wildkatzen auf Bäumen sitzen und Rehkitze und Hasen jagen würden. „Blödsinn“, meint Frobel – Wildkatzen ernähren sich zu 90 Prozent von Mäusen. Ein Wiedereinbürgerungsprojekt gefangener Wildkatzen, gestartet 1984, glückte: Heute leben etwa 500 der flauschigen Wildtiere in Bayern. Ergänzt durch Zuwanderung aus Thüringen und Hessen erholt sich der Bestand langsam. In Oberbayern sind die Mäusejäger jedoch selten anzutreffen. „Bisher vor allem in Schwaben“, meint Frobel.
Der Luchs
Das Sorgenkind der Wiedereinbürgerung: der Luchs. Frobel erklärt: „Die Tiere waren rund 150 Jahre aus Bayern verschwunden, bis in den 1970er-Jahren der Bayerische Wald als Nationalpark ausgewiesen wurde. Dann wurden illegale Tötungen polizeilich besser erfasst. Im Nördlichen Oberfälzer Wald, im Fichtelgebirge und im Bayerischen Wald gibt es heute insgesamt rund 25 Luchse. Ginge es nach Frobel, gäbe es mehr Einbürgerungsprogramme.
Der Biber
Über 100 Jahre – bis zur Wiedereinbürgerung 1966 – gab es in Bayern keine Biber. Ein Gros war im 19. Jahrhundert ausgerottet worden. Gerhard Schwab, Biomanager beim BN, sagt: „Die katholische Kirche hatte das Säugetier als Fisch deklariert – ideal als Bibergulasch zum Starkbier in der Fastenzeit.“ Auch Pelz und die als heilsam geltende Biber-Flüssigkeit Castoreum waren Gründe für die Jagd. Heute leben in Bayern rund 23 000 Biber, mancherorts sind sie für das Verursachen von Fraßschäden und Überschwemmungen bekannt. Der Erfolg der Einbürgerung gründet auch auf der Fähigkeit der Biber, sich ihren Lebensraum selbst zu schaffen. JONAS NAPILETZKI