4 FRAGEN AN
Dominik Ewald ist Kinder- und Jugendarzt in Regensburg. Der bayerische Landesvorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte hält wenig von überhasteten Impfungen von Kindern wegen der Delta-Variante.
Die Delta-Variante des Coronavirus ist auf dem Vormarsch. Sollten jetzt doch alle Jugendlichen ab 12 geimpft werden?
Die Zulassung des Impfstoffes beruht gerade einmal auf Daten von 1000 Jugendlichen. Eine häufige Nebenwirkung wird beschrieben mit 1:10 000. Das heißt, wir sind noch nicht einmal in der Lage, eine der häufigen Nebenwirkungen zu identifizieren, wenn wir allein diese Zulassungsstudie als Grundlage nehmen. Es gibt Kollegen, die impfen alle ab 12. Und es gibt Kollegen, so wie ich, die nur impfen, wenn wir durch die Impfung mehr Nutzen haben als Risiko. Wir haben eigentlich noch keine vernünftige Aussage darüber, wie und was für eine Wirkung der Impfstoff auf Kinder und Jugendliche hat. Wir haben sicherlich mehr Infektionen und die Kinder werden kränker mit der Delta-Variante. Aber die Erwachsenen müssen letztendlich dafür sorgen, dass die Kinder uns nicht krank werden. Wir müssen die Maßnahmen, die wir jetzt haben, weiter verfolgen.
Können Daten aus anderen Ländern uns helfen?
In Indien und Afrika beispielsweise herrschen völlig andere gesundheitliche Bedingungen als bei uns. Ich würde eher sagen, wir warten so lange wie möglich die Daten ab. Was würden wir uns denn ärgern, in ein, zwei Jahren, wenn wir eine Sache wie zum Beispiel die Thrombosen beim Astrazeneca-Impfstoff jetzt plötzlich bei Kindern und Jugendlichen erleben würden, nur weil wir zu ungeduldig waren. Das würde uns keiner der Eltern und wir uns als Ärzte dann schon gar nicht verzeihen.
Womöglich kommen Impfstoffe, die gezielt gegen Delta wirken. Sollte man lieber für Jugendliche auf diese Mittel warten?
Da haben wir das gleiche Problem mit der Nebenwirkungsabsicherung. Die Arzneimittelsicherheitsstudien verzögen das ja alles noch einmal. Wenn wir sehen, dass die Delta-Variante bei dem Biontech-Impfstoff anspricht, dann besteht erst einmal kein Grund, auf einen anderen Impfstoff umzusteigen.
Wie groß ist der Andrang von Eltern, die ihre Kinder impfen wollen?
Also in unserer Praxis kaum. Aber in anderen Praxen, wo die Kollegen die Impfung aktiver empfehlen, ist das natürlich wesentlich höher. Interview: Cindy Boden