Brauerei Hopf: So gut wie jetzt lief es noch nie
Man kann sie fast nicht zählen, all die Kästen, die sich hinter Tilo Ruttmann stapeln. Der Chef der Weißbierbrauerei Hopf grinst. Eigentlich war es ein hartes Jahr für die Miesbacher Brauerei – mehr als sechs Monate war die Gastronomie dicht. Sechs Monate, in denen zwischenzeitlich nicht ein Tropfen Hopf-Weißbier gezapft wurde. Dazu kommt das ausgefallene Jubiläum: Ausgerechnet heuer hätte die Brauerei ihr 100-Jähriges gefeiert. Seit vergangenem Jahr hat der Betrieb das Fest bis ins kleinste Detail geplant. Bands gebucht, Oldtimertreffen organisiert, und auch der Ochs vom Grill stand schon auf der Speisekarte. Alles ausgefallen. Macht nichts. „Dann gibt’s halt nächstes Jahr 101-Jähriges“, sagt Ruttmann und lacht. Einen Grund zum Feiern hat er trotzdem: Die Weißbierbrauerei Hopf hat gerade den stärksten Monat ihrer Geschichte hinter sich.
Der Juni 2021 lässt das miese Corona-Jahr fast vergessen. Die Brauerei hat 6400 Hektoliter Weißbier verkauft – das sind mehr als 3500 volle Badewannen. „Es hat alles zusammengepasst“, sagt Ruttmann. „Wir haben viele neue Gastronomen gefunden, das Wetter hat gepasst – und die Leute waren heiß drauf, endlich wieder rauszugehen und zu feiern.“ Zwischendurch gingen der Brauerei sogar die Flaschen aus. „Wir haben händeringend versucht, Leergut zu bekommen“, sagt Ruttmann. Wenn es im Juli so weitergeht, dann ist die Brauerei bald wieder beim Vor-Corona-Niveau.
Ruttmann ist optimistisch. Die Hopf-Weißbierbrauerei ist eine typische Regionalbrauerei, 24 Menschen arbeiten hier, etwa 90 Prozent des Bieres werden im 50-Kilometer-Umkreis von Miesbach verkauft. Und genau deshalb ist die Brauerei so glimpflich durch die Krise gekommen, meint Ruttmann. „Wir hatten zum einen Glück, dass wir nicht so extrem von der Gastronomie abhängig waren“, sagt er. „Das Flaschenbier im Handel macht fast zwei Drittel unseres Umsatzes aus.“ Und: Während der Pandemie hätten bayerische Bierfans nochmal öfter zum regionalen Weißbier gegriffen als sonst. „Und der Trend zum Craft Beer, also zum handwerklich gebrautem Bier, hat uns gutgetan.“ Die Brauerei konnte in dieser Zeit mit Hopfen und Malz aus der Region, Wasser aus dem Leitzachtal und dem traditionellen Braumeister-Charme punkten. Da hätten es viele Großkonzerne schwerer gehabt, sagt Ruttmann.
Giesinger Bräu: Der Durst kehrt zurück
Steffen Marx’ Geschichte fing wie die vieler moderner Unternehmer an: in einer Garage. Auf wenigen Quadratmetern hat er sich seine eigene kleine Brauerei errichtet – heute, 15 Jahre später, hat Giesinger Bräu zwei Standorte mit mehr als 400 Mitarbeitern und einen eigenen Brunnen. Nicht mal Corona konnte der Erfolgsgeschichte in die Quere kommen. „Wir arbeiten gerade wieder voll am Anschlag“, sagt Marx, „wie schon immer seit 2006.“
Nur wenige Wochen nach den Lockerungen läuft wieder fast alles nach Plan. „Wir haben erst letztes Jahr unser zweites Werk in der Lerchenau eröffnet“, sagt der Brauerei-Chef. Die Nachfrage nach dem Bier war zu groß, die Kapazitäten erschöpft. „Wir hängen gerade mit der Produktion in dem Neubau nur zehn Prozent hinter unserer Planung. Trotz Pandemie – das ist wirklich verkraftbar.“ Marx ist sicher: In den nächsten Monaten sollte sich auch das aufholen lassen.
Während des Lockdowns musste er öfter mal kreativ werden. Weil die Wirtshäuser geschlossen waren, ist das Fassbier in der Brauerei abgelaufen – anstatt es wegzuschütten, brennt Marx die 18 500 Liter zu Bierschnaps. Ein Experiment. „Dann haben wir vielleicht was für unser Weihnachtsgeschäft.“
Das Helle ist das beliebteste Bier im Sortiment – und das hat sich neben den gut einem Dutzend anderen Sorten wie Weißbier, Märzen und Dunkel auch online gut verkauft, als die Gastronomie dicht war. „Wir mussten kaum Leute in Kurzarbeit schicken“, sagt Marx. „Es gab immer genug zu tun. Der Online-Shop war plötzlich sehr beliebt. Wir hatten schon vor dem Lockdown einen, der dümpelte zwar nur ein bisschen rum. Aber der war dann unsere Rettung, wir mussten uns im Gegensatz zu vielen anderen nicht neu erfinden.“
Jetzt geht das Giesinger Bier wieder zu einem großen Teil über die Schanktheke. „Es läuft wunderbar, die Wirtshäuser sind voll, und auch unser eigenes Gasthaus läuft wieder voll am Anschlag.” Erfahrungsgemäß werde da auch mal ein Schlückchen mehr getrunken als sonst, sagt Marx und lacht. „Da zwitschert jeder mal gut drei Halbe. Klar, dass die Leute durstig sind.“
Erdinger Weißbräu: Fast alles beim Alten
Aus dem kleinen Erding raus in die ganze Welt: In über 100 Ländern trinkt man Erdinger Weißbräu. Die Privatbrauerei ist innerhalb von 130 Jahren zum Großkonzern gewachsen. Bis zu 165 000 Flaschen werden hier abgefüllt – pro Stunde. „Wir kommen wieder richtig in Fahrt“, sagt Vertriebs-Geschäftsführer Josef Westermeier. „Wir haben wieder alle unsere Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückgeholt – vor allem der Juni hat wieder Motivation in die Brauerei gebracht.“
„Natürlich hat die Pandemie auch bei uns große Unsicherheiten verursacht.“ Gut 45 Prozent des Umsatzes wird in der Gastronomie erwirtschaftet, sagt er. „Weißbier ist ein Produkt der Geselligkeit, das trinkt man in der Regel lieber im Biergarten als daheim.“ Die Fassproduktion musste die Brauerei während des Lockdowns einstellen.
„Klar, wir hatten dadurch einen erheblichen finanziellen Schaden“, sagt Westermeier. Das Flaschenbier im Handel konnte nicht mal ansatzweise den Umsatz aus der Gastronomie wettmachen. „Aber man darf bei dem Ganzen auch nicht die Schäden vergessen, die die Krise bei unseren Mitarbeitern hinterlassen hat. Die Stimmung war im Keller.“ Mit den Lockerungen und der Öffnung der Gastronomie habe das aber sofort umgeschlagen.
Im Juni hat die Brauerei ihren Umsatz um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat erhöht. „Ich weiß ja nicht, ob die Leute gerade besonders durstig nach Bier sind“, sagt Westermeier. „Aber auf jeden Fall sind die Menschen durstig nach Lebensfreude, nach Geselligkeit und nach Feiern.“ Das merkt Westermeier nicht nur im Vertrieb, sondern auch im hauseigenen Biergarten. „Jetzt fehlen nur noch unsere geliebten Volksfeste“, sagt er, „und dann ist wirklich alles wieder beim Alten.“ TEXTE: KATHRIN BRAUN