Ulrich Grund ist Experte für Arbeitsrecht in der Münchner Kanzlei Romatka.
Darf der Arbeitgeber meinen Impfstatus abfragen?
Es ist umstritten, ob das eine zulässige Frage ist. Dazu gibt’s noch keine Gerichtsentscheidungen. Aber man hat bei anderen Fragen im Zusammenhang mit der Pandemie feststellen können, dass die Datenschutzbehörden da vergleichsweise großzügig waren. Das betrifft zum Beispiel Testergebnisse oder Temperaturmessungen vor Betreten des Betriebs. Das wurde schon für zulässig erachtet.
Ist es erlaubt, Kollegen zu fragen, ob sie geimpft sind?
Fragen als Kollege darf man natürlich immer. Die Frage ist, ob man einen Anspruch darauf hat, dass er wahrheitsgemäß antwortet. Das würde ich eher verneinen. Wenn man die Vorschriften einhält, die für Arbeitsplätze gelten – Abstand, Maske, dass gelüftet wird – wird sich die Argumentation wahrscheinlich gegen eine Auskunftspflicht richten.
Kann ich mich als Arbeitnehmer weigern, im Büro neben einem Kollegen zu sitzen, von dem ich weiß, dass er ungeimpft ist?
Nur dann, wenn der Abstand von eineinhalb Metern nicht eingehalten werden kann und auch kein anderer vergleichbarer Schutz vor einer Infektion möglich ist.
Kann der Arbeitgeber Ungeimpfte zwangsweise ins Homeoffice schicken?
Nein, kann er nicht. Es ist natürlich etwas anderes, wenn man von Anfang an Arbeiten im Homeoffice festgelegt hat. Das ist aber nicht der Regelfall. Normalerweise erbringt man seine Arbeitsleistung im Betrieb – dort muss der Arbeitgeber die Voraussetzungen schaffen, dass der Hygieneplan am Arbeitsplatz eingehalten werden kann.
Kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter in körpernahen Branchen zur Impfung zwingen?
Bislang nicht. Das Argument ist, dass es aktuell nicht mal in Pflegeberufen eine gesetzliche Impfpflicht gibt. Darauf wird sich jeder Angestellte in diesen Branchen berufen.
Wer zahlt die Tests am Arbeitsplatz, wenn die Tests kostenpflichtig sind?
Der Arbeitgeber, und das soll auch so bleiben. Er muss die Tests anbieten, der Arbeitnehmer muss das Angebot aber nicht annehmen.
Erwarten Sie schon bald allerlei Gerichtsverfahren zu diesen ganzen Themen?
Ja, die wird es sicherlich geben. Zu den Fragen: Darf ein Arbeitgeber in einem bestehenden Arbeitsverhältnis nach einer Impfung fragen? Dann gibt es die Frage: Darf ein Arbeitgeber bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses, sprich im Bewerbungsgespräch, nach dem Impfstatus fragen, und wie darf ich mich dazu äußern? Es ist aus meiner Sicht durchaus zu erwarten, dass dann auch Unternehmen sagen, wir beschäftigen, zum Beispiel gerade in einem körpernahen Dienstleistungsbereich, nur Geimpfte. Darf ich dann in die Stellenanzeige reinschreiben: „nur Geimpfte“?
Wann kommt es zum Verfahren?
Zwei Varianten sind naheliegend. Entweder ein Bewerber wird nicht genommen, weil er nicht geimpft ist oder weil er sich weigert, Auskunft über seinen Impfstatus zu erteilen. Dann klagt er auf Entschädigung, weil er wegen einer aus seiner Sicht unzulässigen Voraussetzung nicht eingestellt wurde. Zweite Variante: Wenn jemand im laufenden Arbeitsverhältnis abgemahnt oder gekündigt wird, weil er keine Auskunft über den Impfstatus geben oder sich nicht impfen lassen will.
Interview: Barabara Wimmer