München – Wer die sprichwörtliche Büchse der Pandora öffnet, bringt das Unheil über die Welt. Es ist zwar kein göttliches Unheil, das die „Pandora Papers“ gestiftet haben, aber die Aufregung ist auf der ganzen Welt groß. Jordaniens König Abdullah II. hat nach Veröffentlichungen zu seinen Luxusimmobilien im Ausland mit rechtlichen Schritten gedroht. Der Königshof „behält sich das Recht auf die notwendigen rechtlichen Verfahren“ vor, heißt es in einer Mitteilung aus Amman. Der Hof wies alle Berichte kategorisch zurück, die „Fakten verzerrt haben“.
Jordaniens König ist einer der prominentesten von 35 amtierenden und früheren Staatslenkern, die durch die „Pandora Papers“ unter Druck geraten könnten. Diese und mehr als 330 andere Politiker aus fast 100 Ländern sowie weitere bekannte Persönlichkeiten sollen nach Angaben eines internationalen Konsortiums investigativer Journalisten Vermögen „mithilfe von intransparenten Trusts, Stiftungen und Briefkastenfirmen“ angelegt haben. Das berichten „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR, die an der Auswertung des 11,9 Millionen Dokumente starken Datenlecks mitgewirkt hatten. Gesamtgröße: kaum vorstellbare 2,9 Terabyte.
Jordaniens Monarch soll für Anwesen in den USA und Großbritannien zwischen 2003 und 2017 mehr als 100 Millionen Dollar ausgegeben haben. Dafür habe er ein „umfassendes Netzwerk an Offshore-Konten genutzt, die seine Transaktionen tarnten“, schreibt die „Washington Post“, die an den Recherchen mitwirkte. Die Herkunft des Geldes bleibe unklar. Zeitgleich zahlten die USA an ihren wichtigen Verbündeten im arabischen Raum in den vergangenen Jahren Milliarden Dollar für humanitäre und Entwicklungshilfe.
Die Anwesen würden „aus Gründen der Sicherheit und Privatsphäre nicht veröffentlicht, und nicht zum Zweck der Geheimhaltung oder in einem Versuch, diese zu verstecken“, teilte der Königshof mit. Sie würden für private Familienbesuche genutzt oder um Regierungsvertreter und ausländische Ehrengäste zu empfangen. Sie seien mit privaten Mitteln gekauft worden und hätten nichts mit dem jordanischen Staatshaushalt oder internationaler Hilfe an das Königreich zu tun.
Viele der über 300 Politiker-Namen, die in den „Pandora Papers“ auftauchen, sind wenig überraschend: Da geht es einmal mehr um Wladimir Putin nahestehende Personen, etwa eine angebliche uneheliche Tochter. Doch unter den enttarnten Steuer-Tricksern sind auch Politiker, die sich in ihren Wahlkämpfen als Saubermänner präsentierten.
Wolodimir Selenskij: Der ukrainische Präsident, der tatsächlich gegen einige Oligarchen vorgegangen ist, hat einen der Superreichen seines Landes auffällig verschont: Ihor Kolomoiskij. Laut SZ zeigen die ihnen zugespielten Bank-Unterlagen, dass Selenskij und sein Umfeld hinter mindestens zehn Briefkastenfirmen in Zypern, Panama, Belize und auf den Seychellen stehen, über die 41 Millionen Dollar geflossen sind. Geld, das laut eines ukrainischen Abgeordneten vom Oligarchen Kolomoiskij stammen soll. Gegen den Oligarchen haben die USA wegen Korruption Sanktionen und ein Einreiseverbot erlassen. Er soll hinter dem „größten Finanzbetrug des 21. Jahrhunderts“ stecken, so die damalige Nationalbankchefin – nämlich der Ausplünderung der „PrivatBank“ mittels ungesicherter Kredite an Firmen, hinter denen letztlich Kolomoiskij selbst stand. Dabei ging es um fünf Milliarden Euro.
Tony Blair: Der britische Ex-Premier und seine Frau Cherie kauften ein 6,5 Millionen Euro teures Bürogebäude in London über eine Briefkastenfirma auf den Jungferninseln und sparten so – legal – rund 365 000 Euro. Das Gebäude ist heute Sitz von Cherie Blairs Rechtsberatung sowie ihrer Stiftung. Cherie Blair sagte der BBC, ihr Mann sei nicht an dem Geschäft beteiligt. Lediglich die Hypothek für das Gebäude sei aufgrund ihres gemeinsamen Einkommens und Kapitals ermittelt worden. Der Labour-Politiker Tony Blair war von 1997 bis 2007 britischer Premierminister. Er äußerte sich früher wiederholt kritisch über Steuerschlupflöcher.
Uhuru Kenyatta: Auch der Präsident Kenias präsentierte sich als Bekämpfer der Korruption bei Staatsbediensteten. Die Pandora-Papers zeigen ihn und seine Mutter als Begünstigte einer geheimen Stiftung in Panama.
Aber nicht nur Politiker, sondern auch viele reiche Promis aus dem Showbusiness oder Sport verschieben hohe Summen in Steueroasen. Durch das Datenleck bei 14 Finanzdienstleistern wurde nun bekannt, dass Ex-Supermodel Claudia Schiffer, Popstar Shakira und Ex-Bayern-Trainer Pep Guardiola Geld in Steueroasen angelegt haben. Schiffers und Shakiras Management sagten auf Anfrage von SZ, WDR und NDR dazu, dass sie sich an sämtliche Gesetze und Vorschriften gehalten hätten.
Ex-Beatle Ringo Starr und Schlagersänger Julio Iglesias, die ebenfalls auf der Liste der Steuervermeider stehen, antworteten nicht auf entsprechende Nachfragen. Und Guardiola, der jetzt Manchester City trainiert, ließ erklären, seine Bank in Andorra habe die Offshore-Firma ohne sein Wissen gegründet.
Hessens Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) hat bereits angeboten, den gigantischen Datensatz mithilfe seiner Finanzbeamten zu sichten. „Sollten wir die Pandora Papers bekommen“, sagte er, „werten wir diese mit aller Professionalität aus und versorgen Behörden weltweit mit Informationen, wie wir das bereits bei den Panama Papers und weiteren Leaks erfolgreich getan haben.“ Wie werthaltig die „Pandora Papers“ aus steuerlicher Sicht sind, lasse sich aus den bisherigen Veröffentlichungen nicht beurteilen, sagte der Minister. Seine Experten stünden aber bereit. Keine schlechte Aufgabe, gleichzeitig Guardiola, Shakira und den jordanischen König unter die Lupe zu nehmen. kr/sts/dpa