So feiern Jesus, Maria und Pilatus Weihnachten

von Redaktion

2022 finden in Oberammergau die Passionsspiele statt – wir haben Darsteller gefragt, was ihnen der Heilige Abend bedeutet

Es gibt Sachen, die man nicht in der Bibel nachlesen kann, die aber trotzdem für jeden Gläubigen und sogar für die nicht ganz so Gläubigen hochinteressant sind. Diese Sache zum Beispiel: Was isst Jesus, der Sohn Gottes, zu Weihnachten? Antwort: Feldsalat mit einheimischer Forelle als Vorspeise, danach Reh mit Knödel und Blaukraut.

Also, das Festmahl ist jetzt nicht direkt theologisch verbürgt, aber es ist das, was es bei Frederik Mayet, 41, und seiner Familie heute Abend geben wird. Er hat 2010 den Jesus gespielt, auch nächstes Jahr werden sie ihn ab Mitte Mai alle paar Tage im Passionstheater ans Kreuz nageln. Das Heiligabend-Reh hat übrigens der Bruder geschossen. „Der hat einen Jagdschein“, sagt der Jesus-Darsteller. Weitere Rituale im Hause Mayet: Der Christbaum wird erst am Heiligen Abend aufgebaut und geschmückt. „Meine Frau hat ihn ausgesucht“, sagt er. „Denn sie hat spezielle Vorstellungen, wie gerade und wie schön alles sein muss.“

Mayet hat zwei Söhne. Vinzent, 7, und Lorenz, 3. Sie spielen 2022 auch bei den Passionsspielen mit und sie wissen natürlich, dass der Papa die Hauptrolle hat. Zur Vorbereitung auf die großen Kreuz- und Jesus-Festspiele in ihrem Heimatdorf lesen sie gerade die Weihnachtsgeschichte. Nur am Kreuz haben sie ihren Papa noch nicht gesehen.

Der Sohn Gottes ist in Ogau allgegenwärtig. „Mit dem Jesus ist man das ganze Jahr beschäftigt“, sagt Mayet. An Ostern, Pfingsten und natürlich an Weihnachten. „Er geht einem immer im Kopf um. Wenn ich beim Wandern bin und ein Wegkreuz sehe, dann denk’ ich mir manchmal: Wie hängt denn der? Schaut das gut aus?“

Es ist eine intensive Erfahrung, der Jesus von Oberammergau zu sein. Das prägt wahrscheinlich ein ganzes Leben. Aber jetzt ist erst mal Weihnachten. Vielleicht das letzte Mal durchschnaufen, bevor – O-Ton Jesus Mayet – „ein Hammerjahr“ beginnt. Aber vielleicht klären wir zum Abschluss noch so eine Jesus-Spezialfrage. Was wünscht er sich zu Weihnachten? „Ein Skifahr-Wochenende“, sagt Mayet, „aber ich fürchte, dass es im Passionsjahr knapp wird.“ Ein anderes Geschenk hat er hingegen so gut wie sicher. „Von meiner Mutter bekomme ich seit 30 Jahren Unterhosen und Socken.“ STEFAN SESSLER

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