München – Es gab früher eine zornige Beschimpfung, die war für einen Ministerpräsidenten ein Lob. Warum schon wieder „bayerische Nebenaußenpolitik“ betrieben werde, fauchte man in Bonn und Berlin, wenn wieder ein CSU-Regent durch die Welt flog. Dass sich das nicht gehöre. Dass Außenpolitik in der Hauptstadt gemacht werde statt von Riesenstaatsmännern im Süden. Dass die Alleinzuständigkeit des Bundes explizit im Grundgesetz stehe. Für Bayerns Politik waren Ausflüge ins Internationale trotzdem immer Teil des Selbstverständnisses. Die Tendenz allerdings: stark sinkend.
Die kontroversesten Reisen, heute kaum noch vermittelbar, trat Franz Josef Strauß an. Togo (1983), Syrien (1984), China (1987), die Sowjetunion (1987, eigenhändig in Moskau gelandet), Südafrika und Mosambik (1988) brachten ihm Kritik ein zu Zeiten des Kalten Krieges. Strauß, der schon als Verteidigungsminister Kontakte weltweit geknüpft hatte, öffnete Bayern damit aber Türen.
Über Max Streibls Reisen etwa nach Brasilien (und wer sie bezahlte) wird in Bayern nicht mehr gern geredet. Hingegen brachte Edmund Stoiber ein Strauß ebenbürtiges Interesse am Internationalen auf. Dutzende Touren oft mit hochkarätiger Wirtschaftsdelegation führten ihn nach China, Moskau, Indien, Mexiko, Afrika und in die USA. Stoiber war auch der letzte Ministerpräsident, der (da half die Kanzlerkandidatur) einen Termin beim US-Präsidenten bekam. 2002 war das, womit klar ist: Seit 20 Jahren bekam kein Ministerpräsident mehr ein Date im Weißen Haus.
Über Horst Seehofer heißt es, er hätte 2011 im Tross von Angela Merkel mit Barack Obama speisen können, mochte aber nicht Entourage sein. Ohnehin bleibt außenpolitisch von Seehofer trotz einiger Reisen wenig hängen; in einer internen Depesche verunkten ihn US-Diplomaten, er habe außenpolitisch einen „begrenzten Horizont“. In einem Punkt erwies sich das als falsch: Seehofers Verdienst ist die politische Versöhnung mit dem Nachbarn Tschechien. Seine Prag-Reise war historisch.
Markus Söder war bisher im Amt wenig unterwegs. Zu Potentaten hält er Abstand; eine USA-Reise scheiterte an zu niederrangigen Gesprächspartnern, ab 2020 durchkreuzte Corona alle Pläne. Äthiopien (2019) war vorher drin. Die USA stehen noch auf dem Zettel, Westküste oder Texas vielleicht. Söders Problem beim Suchen nach hohen Gesprächspartnern: Die CSU ist in Berlin jetzt Opposition, ihre bundespolitische Macht geringer. cd