Kiew/Moskau/München – Inmitten schwerer Spannungen im Ukraine-Konflikt bleiben russische Truppen nach Angaben aus Minsk vorerst doch in Belarus. Laut dem belarussischen Verteidigungsminister Viktor Chrenin sollen gemeinsame Militärübungen angesichts des Konflikts mit dem Westen fortgesetzt werden. Das hätten Russlands Präsident Wladimir Putin und der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko beschlossen. Beide hatten sich am Freitag und Samstag in Moskau getroffen.
Das Manöver der beiden Länder, die an die Ukraine angrenzen, sollte eigentlich am Sonntag zu Ende gehen. Wie lange die rund 30 000 russische Soldaten nun im Nachbarland bleiben sollen, war zunächst unklar. Bereits zuvor hatte Russland nach Schätzungen etwa 150 000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.
Im Westen wird befürchtet, dass Russland im Zuge des Manövers in Belarus einen Einmarsch in die Ukraine vorbereitet. Die Militärführungen beider Länder betonten dagegen immer wieder, die Truppenverlegung habe reinen Übungscharakter. „In Europa riecht es sehr stark nach Pulver. Es wird gezielt in einen Krieg getrieben“, erklärte der belarussische Verteidigungsminister. Nach seiner Ansicht sind weitere gemeinsame Übungen mit Russland wegen der Lage notwendig.
Im Bemühen um eine Deeskalation ließ US-Präsident Joe Biden mitteilen, dass er „jederzeit“ zu einem Treffen mit Wladimir Putin bereit ist. Wie US-Außenminister Antony Blinken sagte, will Washington die Bemühungen fortsetzen, „bis Panzer tatsächlich“ in die Ukraine rollen „und Flugzeuge am Himmel sind“. Der Präsident sei zu einem Gespräch mit Putin egal in welchem Format bereit, „wenn das einen Krieg verhindern“ könne. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron telefonierte gestern mit Putin, Gespräche mit Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz sollten folgen.
Derweil spitzt sich die Situation an der Frontlinie im Osten der Ukraine weiter zu. Die von Russland unterstützten Separatisten in den Gebieten Donezk und Luhansk teilten am Sonntag mit, seit Mitternacht seien mehrfach Dörfer beschossen worden. Zwei Zivilisten seien getötet worden. Die ukrainische Armee berichtete ihrerseits von Dutzenden Verstößen gegen den geltenden Waffenstillstand und dem Tod zweier Soldaten. Beide Seiten gaben einander die Schuld für die Gewalt. In den Gebieten Donezk und Luhansk unweit der russischen Grenze kämpfen seit 2014 vom Westen ausgerüstete Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten. UN-Schätzungen zufolge sind mehr als 14 000 Menschen getötet worden.
Litauen und Lettland fordern angesichts des verschärften Konflikts sofortige Sanktionen gegen Russland. Dass die russischen Truppen entgegen den bisherigen Versicherungen Moskaus in Belarus verbleiben, sei ein „Game-Changer für die Sicherheit der an Belarus angrenzenden Nato-Staaten“, schrieb der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis auf Twitter. dpa