„Das Werk wäre so groß wie eine Kleinstadt“

von Redaktion

INTERVIEW Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Landtags-Grünen, ist überzeugt, dass das Projekt die Region infrastrukturell überfordert

Die Intel-Niederlassung in Penzing hätte gravierende Folgen für die ganze Region, sagt Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag. Er lehnt die Ansiedlung deshalb strikt ab.

Politiker müssten doch jubeln, wenn ein Tech-Gigant wie Intel nach einem Standort in der Region fragt. Arbeitsplätze, Gewerbesteuer und so weiter. Jubeln Sie auch?

Eines ist richtig: Europa muss im Vergleich zu Asien in puncto Chip-Herstellung aufholen. Konkret im Fall Intel denke ich aber, dass Penzing der falsche Standort ist.

Warum?

Hubert Aiwangers im Sommer 2021 vorgestellter Plan wäre auf dem 275 Hektar großen Areal realisierbar. Im September sprach Intel-Chef Pat Gelsinger auf einmal schon von 500 Hektar und 12 000 Mitarbeitern. Fünf bis zehn weitere Arbeitnehmer kämen in der Zulieferungsbranche noch für jeden der 12 000 dazu. Das Werk wäre so groß wie eine Kleinstadt. Das verkraftet die Region nicht.

Was würde das gigantische Projekt für Penzing und den Kreis Landsberg am Lech bedeuten?

Der Großraum München ist ein überhitzter Kessel, der förmlich überkocht. Die Infrastruktur ist ausgelastet. Wir haben nicht genügend Wohnraum, Firmen suchen nach Arbeitskräften, die Schulen sind voll. Nehmen wir das BMW-Werk in Dingolfing als Vergleich: Das ist 275 Hektar groß – Pat Gelsinger träumt von 500 Hektar. Diese Größe hätte mehr negative als positive Folgen für die Region.

Was wäre Ihrer Meinung nach ein guter Standort?

Intel will acht gleiche Produktionsstätten an einem Ort. Warum teilt man diese nicht auf? Es muss nicht alles an einem Standort sein. Mehrere Regionen könnten von kleineren Standorten profitieren. Am richtigen Platz können kleinere Niederlassungen der Funke für ein wirtschaftliches Leuchtfeuer in dieser Region sein.

Wie läuft so ein Bewerbungsprozess konkret ab?

Das ist kaum zu durchschauen. Die EU-Kommission hat erklärt, die Chipindustrie in Europa durch Subventionen zu stärken. Das ist gute Industriepolitik. Penzing kam ins Gespräch, weil der Fliegerhorst eine große zusammenhängende Fläche im Besitz des Bundes ist. Auf Bundesebene werden auch die Standorte besprochen.

Hat sich Minister Robert Habeck, Ihr Parteifreund, schon gemeldet?

Wir sind im regen Austausch.

Der Fliegerhorst gehört, aufgrund der militärischen Nutzung, dem Bund, liegt aber auf Penzinger Flur. Wer entscheidet letztlich?

Letztlich entscheidet die Gemeinde. Sie müsste erst einmal einen Bebauungsplan erstellen, um Baurecht im Außenbereich zu schaffen.

Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung von Intel?

Das ist eine schwierige Frage. Intel lässt, genau wie andere US-Unternehmen auch, erst einmal viele Standorte und Länder gegeneinander antreten. Das ist ein langer Prozess, bis dann eine Entscheidung getroffen wird.

Denken Sie, dass Intel nach Penzing will?

Die betroffenen Gemeinden Penzing und Landsberg wissen auch nicht mehr. Wenn Intel wirklich Interesse an dem Standort hätte, dann würden sie sich doch sicherlich mehr darum bemühen.

Sehen Sie Dresden vorne?

Ja, Dresden hatte schon zu DDR-Zeiten Halbleiter-Fabriken. Da sehe ich auch heute viel Potenzial.

Ein bayerischer Landespolitiker, der zur Ansiedlung in Sachsen rät?

Also es gibt eigentlich niemanden, der ein Loblied darauf singt, dass so eine große Fabrik in diese überhitzte Region München kommt. In Nordbayern könnte ich mir das eher vorstellen.

Wenn Intel nicht kommt: Was würden Sie auf der Fläche begrüßen?

Dass der ADAC mit einem Testzentrum für autonomes Fahren und digitale Filmstudios angesiedelt wurden, ist der richtige Weg. Ein solcher Innovationscampus der Zukunft tut der Region gut. Der Standort ist bereits versiegelt, hat eine gute Anbindung an die Autobahn, das sollte man auch nutzen.

Interview: A. Pöhler & M. Schier

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