„Man vergisst es nicht“

von Redaktion

Otto-Ernst Holthaus überstand die Bombenangriffe auf München

Wolfratshausen – Otto-Ernst Holthaus ist Jahrgang 1931 und Gründer des Isar-Kaufhauses in Wolfratshausen. „Ich bin wie gelähmt“, sagt er. „Wer es nicht erlebt hat, weiß es nicht, wie schlim der Krieg ist. Man vergisst es sein Leben lang nicht, wenn Menschen in einem Luftschutzbunker sitzen, die Bomben immer näher kommen, der Staub immer dichter wird und man die Menschen nur noch winseln und beten hört.“

Holthaus war in jungen Jahren an der Heimatfront eingesetzt. „Man nannte uns Milchgesichter unter Stahlhelmen“, erzählt er. Er erlebte ab 1943 die Bombenangriffe auf München. „Es ist für uns heute unvorstellbar, mit welch dröhnendem Lärm die viermotorigen ,Flying Fortress‘ über die Isar flogen. Ich sah die Piloten in gelben Overalls in den Glaskanzeln“, erinnert er sich. Mit der Feuerwehr rückte Holthaus von Grünwald nach Giesing aus, um Tote zu bergen, Verschüttete zu retten und Brände zu löschen – sofern noch Wasser verfügbar war. Bis heute sieht er die bizarren Szenen vor sich: „Überall Verwüstung, Brand und Rauchwolken. Die gefürchtete klebrige Kautschukmasse der Phosphorbomben auf den Straßen und auf den Häusern. Menschen brannten und verkohlten zu schwarzen Zwergen.“ Diese Zeit habe ihn geformt, besonders „der Dauerfrost im Winter bei minus 20 Grad“. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte er sich, die Erinnerung an die Verbrechen des Nazi-Regimes wachzuhalten.

Heute blickt Holthaus mit größter Sorge in den Osten. Er fürchtet, dass sich die Geschichte wiederholt und die Völkergemeinschaft erneut einem Aggressor gegenüber zu nachgiebig und zu schwach agiert – wie damals gegenüber Adolf Hitler. Holthaus erinnert an den britischen Premierminister Neville Chamberlain, der in völliger Verkennung der Realität gesagt hatte: „Hitler ist ein Mann, dem man vertrauen kann.“ Eine solche fatale Fehleinschätzung, sagt Holthaus, dürfe sich nicht wiederholen. VOLKER UFERTINGER

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