Mein Gott, es ist wieder Krieg

von Redaktion

Viele Ältere in der Region erschrecken die Bilder aus der Ukraine – sie erinnern sie an den Weltkrieg, den sie selbst erlebten

Grafing – Wenn in einem Fernsehbeitrag über den Krieg in der Ukraine Sirenen ertönen, „dann kommt alles wieder hoch“, sagt Franz Bauer. Das Erste, woran der 87-Jährige dann denken muss, ist sein im Zweiten Weltkrieg gefallener Onkel. Er erinnere sich noch genau, wie bitterlich seine Mutter geweint hat, als sie erfuhr, dass ihr Bruder im Krieg getötet worden sei, sagt er. „Sie hat ihren einzigen Bruder verloren.“

Franz Bauer ist 1935 in Pittenhart im Landkreis Traunstein geboren und wohnt seit 85 Jahren in Grafing im Landkreis Ebersberg. Der Bäckermeister engagiert sich seit Jahrzehnten für die Kriegsgräberfürsorge. Der Angriffskrieg von Russlands Präsident Wladimir Putin in der Ukraine belaste ihn sehr, sagt er. „Ich befürchte, dass sich das auf Europa ausweitet.“

Die zerbombten Häuser und Straßen, die vielen Soldaten und die Verletzten wecken die Erinnerungen an seine Kindheit. „Wenn die Sirenen ertönten, dann bedeutete das Fliegerangriff. Wenn ich in der Schule war, dann musste ich schnell nach Hause laufen.“ Oft seien die Bomber aber schon zu nah gewesen, sagt er. „Dann mussten wir Kinder in Splittergraben untertauchen. Die wurden extra für uns gegraben. Es gab drei tiefe Gräben entlang meines Schulweges.“

Bei einem Angriff auf Grafing hat Bauer mit seiner Familie in einem Keller Schutz gesucht. „Wir hatten Angst, die Frauen haben gebetet“, sagt er. Dann erzählt er die Geschichte von einem Eisenbahner, der wohl in Grafing Bahnhof gearbeitet hat. Dieser sei auch in den Keller hinuntergerannt, erzählt er. „Auf der Brust trug er das Parteiabzeichen der NSDAP.“ Dieser Moment war für Bauer prägend. „Hitler und seine Nazis waren ja gegen die Kirche. Und gerade so ein Nazi wie dieser Eisenbahner kniet sich in dem Keller zu den Frauen und betet mit ihnen. Wenn es um Leben und Tod geht, dann wird man vernünftig.“ Bauer hofft, dass auch Putin bald zur Vernunft kommt – und „irgendwann doch Verhandlungen wieder Frieden bringen“. ALEXANDRA PÖHLER

Artikel 7 von 8