Münchner Chirurgen planen Transplantation

von Redaktion

Forscher werten den Tod von David Bennett, dem ersten Menschen mit einem Schweineherz, nicht als Rückschlag

Baltimore/München – Nach dem Tod von David Bennett (57), der weltweit erste Patient mit eingepflanztem Schweineherz, wollen die Ärzte weitere Transplantationsversuche wagen. „Wir haben unbezahlbare Einblicke bekommen und gelernt, dass ein genetisch verändertes Schweineherz im menschlichen Körper gut funktionieren kann, wenn das Immunsystem angemessen unterdrückt ist“, sagte Chirurg Muhammad Mohiuddin von der Uniklinik in Baltimore. „Wir bleiben optimistisch.“ Mohiuddin bedankte sich posthum bei Bennett für seine „einzigartige und historische Rolle“ darin, die Xenotransplantation voranzubringen.

David Bennett war Anfang Januar als weltweit erstem Menschen ein Schweineherz eingesetzt worden. Am Dienstag starb er. Im Oktober 2021 war Bennett als schwer kranker Patient an das Universitätsklinikum Baltimore gekommen. Weil der an einer lebensgefährlichen Herzkrankheit leidende Mann als nicht geeignet für ein Spenderherz eingestuft wurde, gab es von der US-Gesundheitsbehörde FDA eine Ausnahmegenehmigung für den Versuch, mit dem tierischen Organ sein Leben zu retten.

Am 7. Januar wurde Bennett in einer mehrstündigen Operation das genetisch veränderte Schweineorgan eingesetzt. Anfangs war sein Zustand stabil. Das Herz habe „gut gearbeitet“, es habe keine Anzeichen von Abstoßung gegeben, so die Klinik. Bennett habe Zeit mit der Familie verbracht und Physiotherapie gemacht. Unter anderem habe er noch das Football-Spektakel Super Bowl verfolgt und darüber gesprochen, dass er zu seinem Hund Lucky nach Hause wolle.

Münchner Herzchirurgen werten die erste Transplantation eines Schweineherzens auch nach dem Tod des Patienten als großen Erfolg. Dass Bennett angesichts seiner Vorerkrankungen und zusätzlicher Komplikationen zwei Monate überlebt habe, sei ein sehr gutes Ergebnis, sagten die bekannten Herzchirurgen Bruno Reichart und Paolo Brenner vom Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Der erste Monat sei entscheidend für die Abstoßungsreaktion, sagte Reichart. „Alles, was über vier Wochen geht, ist ein Erfolg.“ Der Tod des Patienten sei tragisch, aber er sei allgemein zu krank gewesen. Reichart warf im Gespräch mit unserer Zeitung die Frage auf, ob es letztlich die richtige Entscheidung gewesen sei, einen so schwer vorerkrankten Patienten für so einen pionierhaften Eingriff auszuwählen. Bennetts Körper habe einfach nicht mehr gekonnt. „Auch ein menschliches Herz hätte vermutlich nicht geholfen.“ Selbst wenn das neue Herz funktioniere, könne das Schädigungen anderer Organe nicht ausgleichen.

Sein Kollege Paolo Brenner betonte, wichtig seien jetzt die Untersuchung der genauen Todesursache und der Ausschluss einer Abstoßungsreaktion. Auch nach dem Tod Bennetts gehe die Forschung unvermindert weiter. In München könne ein Versuch an einem unheilbar kranken Patienten wie in den USA möglicherweise in einem halben bis einem Jahr angegangen werden. Darüber hinaus plane das Münchner Team eine klinische Studie mit fünf bis sechs Patienten. Eine entsprechende Zulassung sei bereits beim Paul-Ehrlich-Institut beantragt. Die Studie könne voraussichtlich 2024 beginnen, sagte Brenner.

CHRISTINA HORSTEN, SABINE DOBEL, W. HAUSKRECHT

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