BAYERN

4000 Verfahren in zwei Jahren

von Redaktion

München – Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat den Kampf gegen Hasskriminalität zur Chefsache erklärt: 2020 bestellte er Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb zu Deutschlands erstem Hatespeech-Beauftragten und richtete Sonderdezernate bei allen 22 Staatsanwaltschaften in Bayern ein. Durch Hass und Hetze habe sich „eine echte Gefahr für die Demokratie entwickelt“, sagt Eisenreich. In zwei Jahren haben seine Ermittler mehr als 4000 Verfahren geführt, davon 2317 im vergangenen Jahr. 347 Taten waren fremdenfeindlich. In 332 Verfahren erging ein Urteil oder Strafbefehl, 269 sind rechtskräftig. Vor allem Politiker leiden unter öffentlichen Anfeindungen. Vergangenes Jahr wurden 1741 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger in Bayern angezeigt – eine Steigerung von über 40 Prozent. 2020 waren es noch 835 Anzeigen gewesen, 2019 lag die Zahl bei 272.

Ermittler finden häufig Waffen

„Die Grenze von unerträglichen Pöbeleien hin zu Straftaten ist fließend“, sagt Harald Pickert, Leiter des bayerischen Landeskriminalamtes. „Wer sie überschreitet, darf sich nicht von vermeintlicher Anonymität des Netzes geschützt fühlen.“ Ein Problem bleibt, dass Facebook & Co oft keine Daten der Nutzer preisgeben. „Deshalb müssen Auskunftsersuchen unserer Strafverfolgungsbehörden von Netzwerkbetreibern ohne Wenn und Aber beantwortet werden“, fordert Justizminister Eisenreich. Hasspostings, warnt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), könnten die Vorstufe für weitere Eskalationen sein, bis hin zu Tötungsdelikten.

Bei Durchsuchungen findet Hartleb immer wieder Stich- oder Schusswaffen. Viele Hetzer hielten ihre Nachrichten aber für eher harmlos, berichtet der Oberstaatsanwalt. Das Gegenteil ist der Fall: „Die Meinungsfreiheit endet dort, wo andere gezielt herabgewürdigt oder bedroht werden.“ Etwa 80 Prozent der Hasskommentare seien dem rechten oder rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. Der typische Täter: über 40, männlich, eher gering gebildet. Strafen erwarten nicht nur den, der Hass oder falsche Inhalte über Politiker verbreitet – auch, wer Straftaten wie Morde gutheißt. thi

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