Ostern ist in der Ukraine genau wie Weihnachten ein Familienfest – für einige orthodoxe Christen ist es sogar das wichtigste Fest im Kirchenjahr. Viele Traditionen gehen bis in die heidnische Zeit zurück. Während die katholischen und evangelischen Kirchen das Datum für Ostern nach dem gregorianischen Kalender berechnen, ist in der orthodoxen Kirche der julianische Kalender die Grundlage. Deshalb wird Ostern in der Ukraine einige Tage später gefeiert als in Bayern. In diesem Jahr am 24. April.
Auf Ukrainisch heißt Ostern Welykden, der „große Tag“. Von vielen wird es auch als Pascha oder Paska bezeichnet – in Anlehnung an das jüdische Pessach-Fest, das an den Auszug der Juden aus Ägypten erinnert. Auf jede Ostertafel in der Ukraine gehört das traditionelle Osterbrot Paska. Es besteht aus einem luftigen Teig, der aufgeht, süß ist und dekoriert wird. Die Herstellung ist recht aufwendig. Das Brot wird nach dem Ende der Backzeit bei einem Gebet aus dem Ofen genommen. Gegessen werden darf es erst am Ostersonntag, wenn die 40-tägige Fastenzeit beendet ist. Das Fasten ist für religiöse Ukrainer ein elementarer Bestandteil des Osterfests. Sie verzichten 40 Tage lang auf tierische Produkte, leben also völlig vegan. Auch deshalb schmecken ihnen die Ostereier und das Paska besonders gut. Nicht alle praktizieren die Fastenzeit gleich streng. Viele Ukrainer ernähren sich aber zumindest an Karfreitag und Ostersamstag fleischlos und trinken keinen Alkohol. Gebrochen wird das Fasten am Ostersonntag nach der Rückkehr aus der Kirche.
Dorthin nehmen die Ukrainer einen Korb mit, in den sie Ostereier, Wurst, Fleisch oder Käse legen – die Speisen, die während der Fastenzeit tabu waren. Vor der Kirche werden die Körbe mit Weihwasser gesegnet. Vor der Segnung wird im Korb eine Kerze angezündet. Die Körbe sind meist mit einem Tuch bedeckt, auf dem der Osterspruch „Xristos woskres“ steht. Dieser Gruß ersetzt am Ostersonntag die normale Begrüßung. Er erinnert an die Auferstehung Jesu, die Antwort lautet „Wojistynu woskres“ – Wahrhaft ist er auferstanden.
Eine besonders wichtige Tradition ist für viele Familien das Ostereier-Färben. Bei den heidnischen Frühlingsfesten waren die Eier ein Zeichen der Fruchtbarkeit und symbolisierten den Wunsch nach einer guten Ernte. Die Kirche wandelte den Sinn in ein Symbol für die Auferstehung Jesu um. Es gibt in der Ukraine zwei Varianten von Ostereiern. Kraschanky sind gefärbte, nicht bemalte Eier. Sie sind hartgekocht. Pysanky hingegen sind ausgelassene Eier – sie sind die bekannte Form. Die Eier werden mit Ornamenten verziert. Die Muster haben verschiedene Symboliken – zum Beispiel können sie für Fruchtbarkeit und gute Ernte stehen. Verziert werden sie nach uralter Tradition mit farbigem Wachs.
Höhepunkt des Osterfestes ist die Nacht zum Ostersonntag, in der die Gläubigen zur Auferstehungsmesse in die Kirche gehen. Der gesamte Gottestdienst dauert mehrere Stunden bis 3 Uhr morgens, es ist aber möglich, ihn früher zu verlassen. Um Mitternacht ertönen die Glocken, das Gotteshaus wird von vielen Kerzen erleuchtet. Der Ostersonntag gehört dann ganz der Familie. kwo