München – Sie gilt als Königin mit goldenem Herzen – auch deshalb, weil sie Menschen in Not nicht vergisst. Königin Silvia von Schweden engagiert sich seit vielen Jahrzehnten für Demenzkranke. Auch die Mutter der Königin war schwer an Demenz erkrankt. Jetzt besucht Königin Silvia erneut München, um Aufmerksamkeit auf die Sorgen von Demenzkranken und ihren Angehörigen zu lenken. Dabei zeigt sich die schwedische Monarchin nahbar und nimmt am Samstag, 21. Mai, gemeinsam mit dementen Münchnern an einem öffentlichen Konzert im Alten Rathaussaal teil. Um zu zeigen, dass Demenz kein Grund ist, sich zu schämen oder gar zu verstecken.
Königin Silvia (78) hat Demenz in der eigenen Familie erlebt. Ihre Mutter Alice Sommerlath erkrankte schwer daran, bevor sie 1997 im Alter von 90 Jahren starb. Silvia pflegte ihre Mutter in deren letzten Lebensjahren auf Schloss Drottningholm.
Angehörige leiden unter der Belastung
In München hat die schwedische Monarchin Verwandtschaft – und Mitstreiter im Kampf gegen Demenz, vor allem ihre Cousine Desirée von Bohlen und Halbach. Die sagt: „Königin Silvia ist sehr engagiert, sie hat ganz in der Nähe des Schlosses in Drottningholm eine Einrichtung für Demenzkranke ins Leben gerufen und besucht diese ganz häufig.“ Desirée von Bohlen und Halbach hat in München den Verein „Desideria Care“ gegründet, der Demente und deren Angehörige unterstützt und begleitet.
Dass vor allem die Angehörigen eine sehr große Aufgabe haben mit der Pflege ihres erkrankten Familienmitglieds, weiß Königin Silvia selbst aus den Jahren, in denen sie ihre Mutter pflegte. „Sie als Königin konnte sich natürlich Hilfe holen, aber Silvia war bewusst, dass viele Menschen sich das gar nicht leisten können und deshalb unter einer enormen Belastung leiden“, sagt Desirée von Bohlen und Halbach. Denn mit jedem Fortschreiten der Demenz verliert der Erkrankte den Kontakt zur Welt. Für Königin Silvia ist es deshalb enorm wichtig, die Angehörigen zu unterstützen. „Wir Angehörigen sind die Brücke zwischen zwei Welten“, erklärte die Monarchin bei ihrem München-Besuch im Jahr 2017. „Meine Mutter sagte zu mir: ,Ich vergesse mein Leben.‘ Das hat mich tief betroffen gemacht.“
Vor der Demenz hatte ihre Mutter schwere Depressionen. Die Ärzte setzten Medikamente ein, aber auch Elektroschocks. Königin Silvia hegt den Verdacht, dass diese Elektroschocks an beiden Hirnhälften die Demenz auslösten. Alice Sommerlath vergaß immer mehr, erinnerte sich die 76-Jährige vor einiger Zeit im „Aftonbladet“.
Auch König Carl Gustaf bekam die Verwirrtheit seiner Schwiegermutter zu spüren: „Carl Gustaf musste manchmal mehrmals das Essen unterbrechen, um den Tisch herumgehen und sie begrüßen, weil sie jedes Mal erklärte, er hätte es vergessen.“ Dieses Beispiel zeigt, wie schwierig der Umgang mit Dementen sein kann – Geduld und Verständnis sind enorm wichtig.
„Demenz ist auch die Krankheit der Angehörigen, die sich kümmern und die Verantwortung für den Erkrankten übernehmen, wenn dieser das selbst nicht mehr kann“, sagt Desirée von Bohlen und Halbach. Hier gilt es, die Angehörigen zu stützen und zugleich den Erkrankten einen Alltag in vertrauter Umgebung zu ermöglichen, in der sie sich – trotz der Demenz – zurechtfinden und geborgen fühlen. Diese Philosophie lebt Königin Silvia mit ihrer Initiative „Silviahemmet“. Hemmet ist der schwedische Begriff für die Worte „zu Hause“ und steht für familiäre Betreuungseinrichtungen, in denen sich die Betroffenen so gut aufgehoben fühlen können wie zu Hause.
Konzert zum Mitsingen für Erkrankte
Eine große Herausforderung, der sich die Gesellschaft stellen muss: Nach Schätzungen von „Alzheimer´s Disease International“ sind weltweit 46,8 Millionen Menschen von Demenz betroffen – und jedes Jahr kommen rund 7,7 Millionen Neuerkrankungen hinzu. Königin Silvia warnte bei ihrem letzten Besuch in München, das Thema nicht unter den Tisch zu kehren. Die Gesellschaft müsse sich darauf einstellen.
Welchen Wandel wir brauchen, um in Zukunft mehr Demenzkranke gut versorgen zu können, ist Thema einer Diskussion im Münchner Presseclub mit Königin Silvia am kommenden Freitag, 20. Mai. Am Samstag, 21. Mai, nimmt Königin Silvia teil beim Familienkonzert, das der Verein „Desideria Care“ um 15 Uhr im Alten Rathaussaal München organisiert. Bei diesem Konzert der Reihe „Musik im Kopf“ gibt es Schlager der 20er- bis 50er-Jahre, deren Texte oft auch Menschen mit Demenz noch mitsingen können – etwa „Ich will nen Cowboy als Mann“, „Lilli Marleen“ oder „Kann denn Liebe Sünde sein“. „Mit unserer Konzertreihe Musik im Kopf möchten wir schöne Momente für Menschen mit Demenz und deren Familien schaffen – und ihnen eine Auszeit vom oft stressigen Alltag bieten“, sagt Désirée von Bohlen und Halbach. Auch Königin Silvia wird mitklatschen und vielleicht sogar mitsingen – den Kranken zuliebe.
Karten für das Konzert
im Alten Rathaussaal am Samstag, 21. Mai, 15 Uhr, gibt es unter Telefon 089 / 59 99 74 33 oder online unter www.desideriacare.de. Eintritt 10 Euro, Kinder bis 12 sind frei. Gespielt werden die Schlager von Julia von Miller (Gesang) & Manfred Manhardt (Klavier).