München – Wenn Christine Tiefenböck ihre geliebten Rosen hegt und pflegt, dann blüht auch ihre Seele auf. Der Garten im Naturidyll Petting am Waginger See im östlichen Landkreis Traunstein ist ein kleines Paradies. Hier genießt die 75-Jährige mit ihrem Mann Rudi (77) die Ruhe – und die Freiheit, sich nicht mehr täglich krumm und bucklig arbeiten zu müssen.
Ihren Ruhestand hat sich die Seniorin mehr als verdient. Jahrzehntelang arbeitete sie als Friseurin – stets stundenlang im Stehen, und neben dem anstrengenden Job zog sie zwei Buben groß. Auf die inzwischen erwachsenen Söhne ist die Mama stolz, aus ihnen ist etwas geworden. „Ich habe mich immer gerne um meine Familie gekümmert und auch meinen Beruf sehr gerne ausgeübt und deshalb auf die Zähne gebissen, wenn mein Rücken weh getan hat“, erzählt die rüstige Rentnerin. Jammern ist nicht ihr Ding. „Man arrangiert sich halt mit den Schmerzen, denkt sich: Das wird schon wieder. Und meistens ging es ja nach einiger Zeit wieder – irgendwie.“
Auf einmal war der Schmerz unerträglich
Doch eines Morgens im vergangenen Oktober ließ sich der Rücken einfach nicht mehr beruhigen. „Ich bin in der Früh aus dem Bett aufgestanden und konnte fortan kaum noch einen Schritt gehen. Die Schmerzen waren unerträglich“, erinnert sich Christine Tiefenböck. Bei einem Orthopäden ließ die Chiemgauerin ihre Wirbelsäule untersuchen. Diagnose: eine kombinierte Spinalkanalstenose. Vereinfacht erklärt kann man sich den Spinalkanal wie einen Kabelschacht des Körpers vorstellen. Darin verlaufen unter anderem sensible Nerven. Werden sie bedrängt, drohen Schmerzen und massive Bewegungseinschränkungen – bis hin zu Lähmungserscheinungen.
In Tiefenböcks Fall drückte zum einen hervorgequollenes Bandscheibengewebe auf die Nervenfasern, zum anderen engte ein Gleitwirbel den Spinalkanal zusätzlich ein. „Zunächst bekam ich Schmerzmittel und Infusionen, dazu Physiotherapie, aber nichts half. Ich konnte nicht mehr schlafen, habe mich praktisch nur noch von Ibuprofen-Tabletten ernährt, um einigermaßen über die Runden zu kommen.“ Der Orthopäde empfahl eine Fusions-OP, umgangssprachlich Versteifung genannt. Dabei sollten der vierte und der fünfte Lendenwirbelkörper miteinander verschraubt werden, um Verschiebungen zu verhindern und damit die Einengung des Spinalkanals zu beseitigen.
Doch das wäre eine aufwendige Operation gewesen. „Sie kam für mich nicht infrage – zumal ich bereits zwei künstliche Knie bekommen hatte. Ich wollte nicht schon wieder einen so großen Eingriff über mich ergehen lassen“, berichtet die Seniorin. „Also habe ich nach einer Alternative zur OP gesucht, im Internet recherchiert, Freunde und Bekannte um Rat gefragt.“ Den für sie entscheidenden Tipp bekam die 75-Jährige von einem Verwandten aus München. Er hatte gute Erfahrungen mit einer sogenannten Wirbelsäulenkatheter-Behandlung gemacht und empfahl ihr die Praxisklinik Dr. Schneiderhan und Kollegen in Taufkirchen im Landkreis München. Ihr Gründer und Chef, Dr. Reinhard Schneiderhan, zählt zu den erfahrensten Spezialisten für diese Methode weltweit, er hat selbst bereits mehr als 15 000 Patienten damit behandelt.
Neue Studie bestätigt hohe Wirksamkeit
„Beim Wirbelsäulenkatheter handelt es sich um einen dünnen steuerbaren Schlauch, der im unteren Bereich der Wirbelsäule in den Spinalkanal eingeführt wird“, erklärt der Rücken-Spezialist. „Er eröffnet uns gleich zwei Möglichkeiten. Zum einen können wir damit störendes Bandscheiben-, Weichteil- und Narbengewebe, das auf die Nervenwurzel drückt, behutsam ablösen. Zum anderen leiten wir durch den Katheterschlauch einen Medikamenten-Cocktail exakt dorthin, wo der Schmerz entsteht. Die Lösung besteht aus Schmerzmitteln und einem zehnprozentigen Kochsalz-Enzym-Gemisch. Der wichtigste Effekt: Dem störenden Gewebe wird durch eine Art Transportprozess, der in der Fachsprache Osmose heißt, Flüssigkeit entzogen. Dadurch schrumpft es, der Druck auf die Nervenwurzel verschwindet – und zwar dauerhaft.“ Diese Einspritzungen werden mehrfach wiederholt (siehe Kasten). Je nach Schweregrad und vorheriger Dauer lassen die Beschwerden oft rasch nach. Mitunter spüren die Patienten bereits unmittelbar nach der ersten Behandlung eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden. „Es ging mir noch am selben Tag besser“, erinnert sich Tiefenböck.
Ähnlich erfolgreich haben Katheter-Spezialisten bereits tausende andere Patienten behandelt – allen voran der Pionier der Katheter-Methode, Professor Gabor Racz. Der amerikanische Schmerztherapeut mit ungarischen Wurzeln hat das Verfahren vor etwa 40 Jahren in Texas entwickelt. In Deutschland wiederum realisierte Schneiderhan vor 24 Jahren als einer der ersten Orthopäden das große Potenzial der minimalinvasiven Methode.
Doch er musste gegen viele Widerstände ankämpfen, unter anderem bei den Krankenkassen, die sich damals gegen eine Kostenübernahme sträubten. „Das änderte sich nach einigen Jahren, nachdem auch die gesetzlichen Krankenkassen den Stellenwert dieser Behandlungsmethode erkannt hatten“, erinnert sich der Wirbelsäulen-Spezialist.
Jetzt liefert ihm eine große internationale Langzeitstudie zusätzliche Argumente, die er selbst bereits vor zwei Jahrzehnten mitangestoßen hat. Sie wurde von der Uni Kiel unter Federführung von Prof. Ludger Gerdesmeyer veröffentlicht – einem renommierten Orthopäden, der früher am Uniklinikum rechts der Isar gearbeitet hat.
Seine Studie zeigt, dass die Katheter-Therapie bei chronischen Rückenschmerzen mit einer Nervenwurzelbeteiligung die größten Erfolgsaussichten hat. „Und zwar vor allen anderen Behandlungen wie konservativen Therapien und offenen Operationen“, betont Schneiderhan. „Der Katheter gibt den Patienten Lebensqualität zurück, ohne dass sie die OP-Risiken eingehen müssen.“
Sogar lange Radtouren sind wieder möglich
Christine Tiefenböck taugt, wie sie selbst sagt, zum Paradebeispiel. „Die Behandlung hat mich wieder auf die Beine gebracht.“ Das bestätigt auch ihr Mann Rudi: „Als ich meine Frau aus der Klinik abholte, habe ich sie kaum wiedererkannt. Sie hat sich ganz anders bewegt, ist problemlos ins Auto eingestiegen. Daran war vor der Behandlung nicht zu denken.“
Auch ein halbes Jahr nach der Behandlung ist die Rückenpatientin nahezu schmerzfrei, muss allenfalls nach stundenlangem Werkeln in ihrem geliebten Garten mal eine Schmerztablette schlucken. „Wir können auch wieder lange Radltouren durchs Chiemgau und in die Berge machen“, berichtet Ehemann Rudi, der bis zu seiner Rente bei einer Gleisbaufirma in Freilassing gearbeitet hat, ein schwerer Job. Umso mehr genießen die Tiefenböcks wieder gemeinsam ihr Leben – vor allem die Begegnungen mit ihrer Familie, darunter acht Enkel und drei Urenkel. „Endlich bin ich wieder fit für meine Rasselbande“, sagt Christine Tiefenböck schmunzelnd, „aber ganz im Ernst: Ich bin sehr, sehr dankbar dafür, dass mir eine Operation erspart geblieben ist und ich mit meinem Rücken wieder so gut zurechtkomme.“