Bernhard Sitter ist 33 und Hotelier aus Niederbayern. Er sagt: „Man hört ja immer nur, wie schwierig das war.“ Gute Coming-outs seien damals, vor rund 15 Jahren, wohl eher selten gewesen. „Ich hatte auch Angst davor und hab es schon immer vor mir hergeschoben.“ Aber irgendwann hat er es einfach nicht mehr ausgehalten. „Ich hab’ mir gesagt, das musst du jetzt machen, sonst gehst du dran kaputt…“
Und dann hat er doch Mut gefasst und es jedem erzählt: „Mama, Papa, Schwester. Der Reihe nach“, sagt er und lacht. „Und wenn ich heute darüber nachdenke, wie einfach das eigentlich war, dann meine ich im Nachhinein, das hätte ich schon viel früher tun sollen.“ Nur die Oma hat ein wenig geschluckt, weil sie ja so gerne Enkelkinder haben wollte. Aber auch das geht: 2020 haben Bernhard und sein Mann Ewald (36) einen Buben adoptiert. Und die Oma ist glücklich.
Und die Vorurteile im weiteren Umfeld? „Mei, g’redt werd über jeden, ob er dick ist oder dünn und ob er Plattfüß’ hat und so weiter.“ Aber ins Gesicht habe ihnen noch nie einer gesagt, dass er „was nicht gut findet an uns“. Auch beruflich und im Geschäft – Sitter betreibt in Neureichenau Bayerns erstes Bierhotel & Wohlfühlhotel – gibt’s keine Berührungsängste. Man könnte ja meinen, „von wegen hier bei uns im tiefsten Niederbayern, katholisch und streng, aber – absolut gar nichts“.
Froh wäre er allerdings gewesen, wenn er damals jemanden gehabt hätte, „einen, der im gleichen Boot sitzt“, an den er sich hätte wenden können, zum Mut holen. Ein bisschen sehen er und sein Partner sich daher auch als „Schrittmacher für die jüngeren Leute unter uns, die sich ihr Outing noch nicht zugetraut haben“. Deshalb haben sie auch relativ „groß geheiratet“ mit 300 Leuten als Hochzeitsgästen. In Deutschland würde Bernhard es jedem empfehlen, sich ein Herz zu fassen. „Verstecken muss sich bei uns keiner mehr. Wir sind, wie wir sind – und tun auch nichts anderes als alle anderen.“ TEXTE: OLIVER MENNER