15 Prozent weniger: Gas-Sparplan der EU steht – mit einigen Ausnahmen

von Redaktion

Nur Ungarn dagegen – Ab heute will Russland nur noch 20 Prozent liefern, Uniper schon gestern betroffen – Beirat für Gaspreis-Teildeckel

Brüssel – In Vorbereitung auf einen Stopp russischer Gaslieferungen haben sich die EU-Staaten auf einen Notfallplan verständigt. Die Energieminister einigten sich darauf, den nationalen Konsum von August bis Ende März 2023 freiwillig um 15 Prozent zu senken. Zudem soll es die Möglichkeit geben, einen Unionsalarm auszulösen und Einsparziele vorzugeben. Allerdings sind mehr Ausnahmemöglichkeiten vorgesehen, und auch die Hürden für die Einführung verbindlicher Einsparziele wurden erhöht.

Sollte Russland noch im Juli alles Gas stoppen, wird der Sparplan nur für einen normalen Winter reichen. EU-Energiekommissarin Kadri Simson sprach von notwendigen Einsparungen von 30 Milliarden Kubikmeter für einen durchschnittlichen und 45 Milliarden Kubikmeter für einen kalten Winter. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wertete den Deal dennoch als großen Erfolg. „Europa lässt sich nicht spalten. Die Einigung sei ein „starkes Zeichen gegen alle Spötter und gegen alle Verächter“ der EU. Nur Ungarn war gegen den Notfallplan.

Der Plan setzt zunächst auf Freiwilligkeit. Wie die Einsparung erreicht werden soll, ist Sache der Mitgliedstaaten. Erst im nächsten Schritt könnte es verpflichtende Einsparziele geben, die in der Regel bei 15 Prozent liegen sollen. Allerdings sollen die Vorgaben nur noch vom Rat der Mitgliedstaaten und nicht von der EU-Kommission durchgesetzt werden können. Dafür bräuchte es die Zustimmung von mindestens 15 EU-Ländern, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der Union ausmachen. Auch gibt es mehr Ausnahmen. Nicht zum Gassparen verpflichtet werden sollen Inselstaaten wie Zypern, Malta und Irland, die ohnehin nicht mit dem zentraleuropäischen Gasnetz verbunden sind. Bei anderen Ländern soll die verpflichtende Einsparmenge reduziert werden können – etwa durch Anstrengungen zur Einspeicherung von Gas, bei einer drohenden Stromkrise und beim Verbrauch von Gas als Rohstoff zur Erzeugung von Düngemitteln für die Lebensmittelproduktion.

Deutschland selbst ist laut Habeck beim Gassparen auf einem guten Weg. Man liege bei 14 oder 15 Prozent – allerdings im Vergleich zum Vorjahr und nicht temperaturbereinigt. Habeck machte deutlich, dass Deutschland die 15 Prozent übertreffen sollte und widersprach Darstellungen, wonach nur Deutschland abhängig von russischem Gas ist. „Das ist ein mittelosteuropäisches Problem.“ Wie groß Putins Hebel ist, wird gerade erneut deutlich. Ab heute will Gazprom über die Ostseepipeline Nord Stream 1 nur noch 20 Prozent der möglichen Menge liefern. Zuletzt waren es 40 Prozent. Der angeschlagene Energiekonzern Uniper teilte mit, schon gestern nur noch 33 Prozent erhalten zu haben. Dennoch wurde kein Gas aus den Speichern entnommen.

Habeck sagte, man müsse sich innerlich auf einen kompletten Gasstopp vorbereiten. „Sollte es anders kommen, werden wir überrascht sein.“ Putin agiere klar politisch. „Ich glaube, dass Gazprom gar nicht mehr Herr seiner eigenen Entscheidungen ist.“

Der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat laut „Handelsblatt“ Sparvorschläge unterbreitet: So könne die Regierung moderate Preise für eine Grundmenge an Gas setzen, die sich am Verbrauch 2021 messe. Für jede Kilowattstunde mehr müssten Verbraucher dann den hohen Marktpreis zahlen, auch wenn sie langfristige Verträge mit niedrigen Preisen haben. Der Staat, so der Beirat, dürfe bei Entlastungen nicht Preissignale außer Kraft setzen. Sonst werde nicht mehr gespart. Der Staat könne nicht alle Härten kompensieren. dpa/afp

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